II.

Lange nach jener Zeit, in der die Berggeister die Braupfanne verborgten, arbeitete einst ein Bauer derselbigen Gegend auf seinem Felde in der Nähe des Stromberges; da sah er von Zeit zu Zeit die Berggeister in graue Gewänder gehüllt, runde Kuchen, auf dergleichen Bretern tragend hin- und herlaufen. »Was haben die grauen Männchen nur heute für ein Fest?« dachte er bei sich selbst, und von Appetit getrieben, rief er laut den Geistern zu: »Laßt mich doch auch mitessen!« »Wir werden Dir Etwas zukommen lassen,« rief eins der grauen Männchen, »komme nur in der Mittagsstunde zu jenem großen Steine, der dort im Grünen liegt!« [236] Sobald die Sonne ihren höchsten Stand eingenommen, säumte der Bauer nicht, nach dem bezeichneten Ort zu gehen. Zu seinem großen Erstaunen fand er einen Tisch gedeckt, und darauf lag ein wohlgerathener Kuchen. Noch ehe sich der Bauer niedersetzte, vernahm er deutlich die Worte: »nun iß den Kuchen, doch anschneiden darfst Du ihn nicht!« Da ward ihm ganz eigen zu Muthe, und fast hätte er den Kuchen ungegessen gelassen und würde davon gegangen sein, wenn er nicht endlich von Ungefähr auf den Gedanken gekommen wäre, den Kuchen rundum auszuschneiden. Außerordentlich mundete ihm das Gebäck, und als er satt war, sagte er den Geistern seinen Dank, stand auf und wollte wieder an seine Arbeit gehen; allein kaum war er einen Schritt fortgegangen, so rief eine Stimme ihm die Worte nach: »der Teufel hat Dich klug gemacht. Hüte Dich, daß wir nicht auch an Dir thun, was Du an unserem Kuchen gethan hast!« Nach Jahren fand man einen Leichnam unten am Stromberge im Blute liegen. Die Brust war aufgeschlitzt und das Herz zerfleischt. Dieser Unglückliche aber war jener Bauer, der den Kuchen ausgeschnitten hatte.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Zweiter Band. 839. Das verfallene Schloß auf dem Stromberge bei Weissenberg. 2. [Lange nach jener Zeit, in der die Berggeister die Braupfanne verborgten]. 2. [Lange nach jener Zeit, in der die Berggeister die Braupfanne verborgten]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-5495-D