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An die Herzogin Amalia

Durchlauchtigste Fürstinn
gnädigste Frau,

Unmöglich war es mir diese Zeit her nach meiner Schuldigkeit an Ew. Durchl. zu schreiben! Die Charwoche, die mir immer vor den Gedancken lag, brachte mich fast zur Verzweiflung und ich mußte alles thun um meine Gedancken von jenen glücklichen Gegenden wegzuwenden. Nun ist der Herwieder auferstanden und hat auch mich von der unmäßigen Begierde erlößt, Ew. Durchl., wenigstens in gewißen Stunden, näher zu seyn. Ich freue mich schon herzlich zu vernehmen wie sehr Sie die Feyerlichkeiten der Sixtinischen Capelle erquickt und erbaut haben. Mit dem Carneval höre ich sind Sie weniger zufrieden gewesen, ich wünsche daß Sie es mehr mit der Beschreibung des römischen Carnevals seyn mögen, welche diese Ostermeße herauskommt. Wenn es mir gelingt, wie ich hoffe, durch diesen kleinen Aufsatz, etwas ungenießbares genießbar zu machen; so wird es mich sehr freuen.

So eben betrübt uns ein zweyter Prinz in dem Augenblick da er uns erfreute, indem er bald nach der Geburt wieder stirbt. Der Herzog wird stündlich von Aschersleben erwartet, dem wir nun leider mit einer traurigen Nachricht begegnen müßen.

[105] Ew. Durchl. gnädiges Schreiben habe ich das Glück zu erhalten und dancke daß Sie meiner mit freundlicher Vorsorge gedencken wollen. Sehnlich erwarte ich die angezeigten Pasten, sie sollen mir einigen Ersatz bringen für alles was ich jetzt entbehre, indem es Ew. Durchl. genießen. So wohl es mir im übrigen geht; so muß ich, was die Kunst betrifft, mich sparsam nähren.

Herder wird Ew. Durchl. einige Scenen von Tasso vorgelegt haben, es kommt hauptsächlich darauf an wie sie sich in Rom lesen laßen. Wahrscheinlich erhalten Ew. Durchl. den Überrest des Stücks wenn Sie Sorrent, seinen Geburtsort aus Ihrem Fenster sehen können. Möge Ihr Aufenthalt zu Neapel recht gesegnet seyn, und meine Furcht ungegründet seyn: daß Sie Sich durch diesen Vorsatz in eine Reihe von Ausgaben verwickeln, die Ihnen am Ende beschwerlich werden könnten. Ew. Durchl verzeihen diese zwar wohlgemeynte, aber freylich nach einem Ex Cammerpräsidenten schmeckende Äusserung.

Den achten Theil meiner Schriften haben Sie nun auch wohl erhalten. Das Ihnen eigentlich gehörige Exemplar habe ich an Jagemann zur Bibliothek gegeben.

Seit einiger Zeit haben wir gutes Wetter nachdem wir vom Schnee unglaublich ausgestanden. Moritz hat mir den beschwerlichsten Theil des Winters gar freundlich überstehen helfen.

[106] Daß Tischbein an Ew. Durchl. eine Beschützerin findet freut mich sehr. Was Sie für die einigen jungen Leute Mayern und Büry thun können, versäumen Sie nicht. Es ist keine schönere Wohlthat als jungen Menschen in gewißen Zeitpunckten beyzustehn. Vielleicht find ich in der Folge Gelegenheit für diese guten Menschen weiter zu sorgen.

Ew. Durchl. überlaße ich dem schönen Himmel und allen Musen. Vergeßen Sie nicht. Nochmals Danck für die Pasten und viel Glück zum schönen Intaglio.

Ew. Durchl.

unterthänigster

W. d. 17. Apr. 1789.

Goethe. [107]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1789. An die Herzogin Amalia. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6AEA-9