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An Carl Ludwig von Knebel

Hier einige Soulavie ich habe sie selbst noch nicht recht lesen können. Du wirst mir einen Gefallen erzeigen wenn du einiges notirst worüber wir sprechen könnten.

Gerne schickt ich dir eine kleine Botanische Lecktion wenn sie nur schon geschrieben wäre. Die Materie von Saamen habe ich durchgedacht, so weit meine Erfahrungen reichen wenn du mir nur den Joseph ab Aromatariis aus Büttners Bibliotheck verschaffen könntest. Auch mögte ich die Linnäische Dissertation de seminibus muscorum haben und was neueres über diese Materie da wäre.

Ich mag am liebsten meine freyen Augenblicke zu diesen Betrachtungen anwenden. Die Consequenz der Natur tröstet schön über die Iconsequenz der Menschen.

Hier das Portrait zurück. Es ist eine gute wackre Art von Menschen, der wohl in dem armseeligen Elemente unsrer kleinen Staaten schlecht fortkommen mögte. Neulich war ein ehemaliger katholischer Geistlicher bey mir der sich zur Protestantischen Kirche gewendet hatte und der nicht begreifen konnte daß alle [36] Fürsten des Reichs nicht im Stande seyn sollten ihm Brodt zu geben. Er war schon an mehreren Höfgen abgewiesen worden.

Die Kriegslust die wie eine Art von Krätze unsern Prinzen unter der Haut sitzt, fatigirt mich wie ein böser Traum, in dem man fort will und soll und einen die Füse versagen. Sie kommen mir wie solche Träumende vor und mir ists als wenn ich mit ihnen träumte.

Laß ihnen den glücklichen Selbstbetrug. Das kluge Betragen der Grosen wird hoffentlich den kleinen die Motion ersparen die sie sich gerne auf andrer Unkosten machen mögten.

Ich habe auf dies Capitel weder Barmherzigkeit, Anteil, noch Hoffnung und Schonung mehr. Befleisige dich dies Kreuz auch auf dich zu nehmen und mir nachzufolgen.

Herder ist ganz vergnügt.

Ich habe 48 Stanzen an meinem Gedichte.

Und muß nun schliesen.

Lebe wohl. Gedencke mein. Ich freue mich auf unsre Frühjahr und Sommer wanderungen.

d. 2. Apr. 1785.

G.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1785. An Carl Ludwig von Knebel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6B3E-7