6/1833.

An Katharina Elisabeth Goethe

Aus Ihrem Briefe Liebe Mutter habe ich mit vieler Freude gesehen daß Sie wohl sind und der Vergnügen des Lebens so weit es gehen will geniesen. Ehstens erhalten Sie das vierte Buch von Meistern den ich Ihnen zu der übrigen dramatischen Liebhabery bestens empfehle.

Wegen der Iphigenie machen Sie keinen Lärm, denn wozu hilft das, aber suchen Sie wo möglich die Sache in's Klare zu bringen und das Packet zu verfolgen, denn es ist hier nicht angekommen, ich müsste mich denn sehr irren, welches zwar bey denen tausend Dingen die mir im Kopfe haushalten möglich wäre. Da Sie ein wohlgeschrieben Exemplar haben; so kommt es mir bedencklich vor. Könnten Sie die Zeit wenn Sie es erhalten nicht näher bestimmen, und mit dem Düsseldorfer Postschein zusammen halten. Auf alle Fälle schadets nichts wenn Sie auf dem Postammte die Sache glimpflich anbringen und sie in's Licht stellen lassen.

Frau Bätty hat übrigens gegen alle Lebensart gehandelt, gegen alles mütterliche Gefühl, daß sie Ihnen mit einer solchen Klatscherey nur einen Augenblick[221] verderben konnte als die Nachricht von mir ist. Sie haben mich nie mit dickem Kopf und Bauche gekannt, und daß man von ernsthafften Sachen ernsthafft wird, ist auch natürlich, besonders wenn man von Natur nachdencklich ist, und das Gute und Rechte in der Welt will.

Hätte man Ihnen in dem bösen Winter von 69 in einem Spiegel vorausgezeigt, daß man wieder auf solche Weise an den Bergen Samariä Weinberge pflanzen und dazu pfeifen würde, mit welchem Jubel würden Sie es angenommen haben.

Lassen Sie uns hübsch diese Jahre daher als Geschenck annehmen, wie wir überhaupt unser gazes Leben anzusehen haben und iedes Jahr das zugelegt wird mit Danck erkennen.

Ich bin nach meiner Constitution wohl, kann meinen Sachen vorstehn, den Umgang guter Freunde geniesen und behalte noch Zeit und Kräffte für ein und andre Lieblingsbeschäfftigung. Ich wüsste nicht mir einen bessern Platz zu dencken oder zu ersinnen, da ich einmal die Welt kenne, und mir nicht verborgen ist wie es hinter den Bergen aussieht.

Sie an Ihrer Seite vergnügen Sie Sich an meinem Daseyn ietzt und wenn ich auch vor Ihnen aus der Welt gehen sollte. Ich habe Ihnen nicht zur Schande gelebt, hinterlasse gute Freunde und einen guten Nahmen, und so kann es Ihnen der beste Trost seyn daß ich nicht ganz sterbe.

[222] Indessen leben Sie ruhig, vielleicht giebt uns das Schicksal noch ein anmutiges Alter zusammen das wir denn auch mit Danck ausleben wollen.

Entschuldigen Sie Seideln daß er nicht schreibt. Seit seiner Rückreise hat er viel zu thun vorgefunden. Wieland und Frl. Jöchhausen will ich ermahnen.

Ich weis nicht ob Ihnen schon geschrieben ist daß ich den Sohn der Oberstallmeister von Stein meiner werthesten Freundin, bey mir habe, ein gar gutes schönes Kind von 10 Jahren, der mir viel gute Stunden macht und meine Stille und Ernst erheitert. Er ist mit mir auf dem Harz gewesen.

Hier schicke ich eine Partie Teifurter Journale es ward als ein Wochenblat zum Scherze angefangen als die Herzoginn Mutter vorm Jahre in Tiefurt wohnte und wird seit der Zeit fortgesezt. Es sind recht artige Sachen drinne und wohl werth daß Sie es durchblättern. Wenn Sie es genug haben schicken Sie es nach Zürch an Frau Schulthes. So auch das 4te Buch Wilhelm Meisters. Leben Sie recht wohl und lieben mich. Weimar d. 7. Dez. 83.

G.

Stieben kennen wir nicht.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1783. An Katharina Elisabeth Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6C2E-3