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An den Herzog Carl August

W. d. 1. Juli. 90.

Nach dem letzten Briefe an Ihre Frau Gemahlinn sind Sie wohl jetzt in Ihren Quartieren ein wenig eingerichtet und haben vom Marsch einige Tage ausgeruht. Ich wünsche daß diese grose Demonstration eines kriegerischen Vorhabens zum Heil und Frommen von Deutschland und Europa ausschlagen möge.

Ich habe indeßen alles eingerichtet und eingeleitet daß ich bald von hier abgehen kann. Ich bereite mich nun auf die Reise vor daß ich sie auch nutze wie sichs gebührt. Montags zieht Ihre Frau Mutter nach Belvedere. Dieser Aufenthalt wird ihr und andern hoffe ich wohlthätig seyn.

Meiner Mutter hab ich geschrieben sie solle die Zimmer welche der Reichsquartiermeister nicht wegnimmt, ja nicht weggeben. Sie freut sich schon in der Hofnung Sie bey alsdann den Prinzen mitnehmen, es wird das Kind auf einmal weit vorwärts bringen.

Der Schloßbau geht ganz munter fort, an Arends schreibe ich gleich sobald man über das Geschencke was man ihm geben will einig ist. Die übrigen Angelegenheiten die noch einigermaßen an mich geknüpft[211] sind habe ich auch wieder angesehen und im etwas befördern helfen.

Voigt ist sehr zufrieden und neubelebt zurückgekehrt, er war in Berlin recht in seinem Elemente.

Da mein letzter Band nunmehr gedruckt ist scheine ich mir erst ein freyer Mensch, in der letzten Zeit druckte dieses Unternehmen doch zu starck auf mich.

Desto mehr laß ich jetzt blos den Genius walten. An meinem Büchlein Epigrammen schreibe ich ab. Es sind freylich viele ganz local und können nur in Venedig genoßen werden.

Das botanische Werckchen macht mir Freude, denn ich finde bey jedem Spaziergange neue Belege dazu.

Was ich über die Bildung der Thiere gedacht habe werde ich nun auch zusammenschreiben. Und die Reise die ich zu Ihnen mache giebt mir die schönste Gelegenheit in mehr als einem Fache meine Begriffe zu erweitern.

Knebel empfiehlt sich bestens, ich lege einen Brief von ihm bey. Er und seine Schwester tragen den Todt des Bruders standhafter, als sich dencken ließe.

Von mancherley Verhältnißen habe ich noch mancherley zu erzählen und verspare es biß ich zu Ihnen komme.

Meine Wohnung dancke ich Ihnen täglich, sie wird immer lustiger und anmuthiger.

Das Chaischen das Sie so weit herumgeführt hat, ist auch diesmal ganz glücklich von W. nach Verona[212] und von da zurückgekommen. Es soll mich auch wieder zu Ihnen bringen. Leben Sie recht wohl. Es gehe Ihnen nach Wunsch.

G.


Hier liegt auch ein Brief von dem Usingischen Ziegesar bey. Er hat mir in einem weitläufigen Briefe seine Fata erzählt die schon wunderlich genug sind.

Docktor Huschke unternimmt Lichtenbergen, ich bin sehr neugierig was er würcken wird. Ich habe viel Vertrauen zu ihm. Lassen Sie uns diesen jungen Mann ja festhalten.

Leben Sie recht wohl und gedencken mein.

[213]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1790. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6C94-A