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An Christian Gottlob Voigt

Jena d. 31. May 96.

Für die gütige Verwendung, das Wildpret betreffend, danke in meinem und der künftig schmausenden Gesellschaft Nahmen aufs allerbeste. Künftigen Sonntag ist Frohleichnam und wird also das Clubbfest erst Sonntag in 8 Tagen seyn.

Heute haben die Soldaten auf der Landfeste gefeuert, wenn man so fortfährt und die kleine hiesige Garnison nur in einer Art von Ansehn erhält, so wird man nicht zu befürchten haben, daß künftig jemals ein Schwärmer zum Trutz, oder eine Pistole zum Ernst hier wieder abgefeuert werde.

[79] In der Beylage erscheint abermals ein kleines Ansuchen, Sie werden, nach Ihrer gewohnten Güte, entweder der Sache irgend eine günstige Wendung geben, oder mich deßhalb belehren.

Für den armen Mediciner Eichelberg in Lobeda, der sich sauerer, als ein Mensch werden ließ und läßt um etwas zu lernen und zu leisten, wünschte ich, daß eine Kleinigkeit geschähe. Glauben Sie, daß ich etwa bey Serenissimo oder bey Fürstl. Cammer irgend einen Schritt thun ober begünstigen sollte? so will ich mich dessen nicht entziehen.

Übrigens ist hier unter Bürgern und Bürgergenossen eine unglaubliche Thäthigkeit und ich glaube daß es der Moment wäre Liederlichkeit und Unart aus ewig von hier zu verbannen, wenn man von oben herein, gerade jetzt, eingreifen wollte; jeder fängt an den Werth des Besitzthums zu fühlen, mancher wendet Geld und Kräfte hierher, weil er Geld und Kräfte findet, und es wäre doch schön wenn wir noch manches mit offnen Augen sehen könnten, was wir der Nachwelt vielleicht hinterlassen müssen zu thun, wenn wir sie zuschließen.

Sie sehen auch hieraus daß eine gewisse Kraft und Neigung nicht müssig seyn kann, und daß ich da mir die Franzosen den Weg nach Italien abschneiden, zu Hause im kleinen nützlich zu seyn wünschte. Sie wohl es mir thut mich auch hierinn an Sie wenden zu können, sagt Ihnen unser alt Verhältniß. Erhalten [80] Sie sich den guten Muth und Ihre Gesundheit die mir vor allen unschätzbare sind.

In Frankfurth hab ich wegen der Lotterie eine recht gute Addresse, nur muß ich um eine Art von kleinem pro memoria bitten, das ich dahin schicken kann. Von diesen, überhaupt unseligen, Dingen, die den gemeinen Geist des Menschen noch gemeiner, den verworrenen noch verworrener machen, hab ich keinen Begriff, ich würde sie abkaufen, denn dabey zu gewinnen ist nichts.

G.


Gehorsamstes pro Memoria.

Der Gerber Eckardt hat einen sehr wichtigen Bau unternommen, indem er ein altes, zwischen seinem Wohnhaus und dem Bären gelegenes, Gebäude niedergerissen hat und nunmehr ein anderes, in gleicher Flucht mit seinem bestehenden Hause aufführt, ein Unternehmen, das alle Aufmunterung verdient. Es ist ihm dabey folgender Umstand vorgekommen:

Er hat einige lange, zu Thürsturzen und ähnlichen überbindenden Bedürfnissen nöthige Steine, die so haltbar und vollkommen in hiesigen Gegenden nicht gebrochen werden, in Zwätzen, und zwar um des Transports willen behauen angeschafft. Über diese hat ihm das hiesige Mauerhandwerk Streit erregt, hat den Wagen einige Tage nicht in die Stadt gelassen, und was dergleichen mehr ist. Die Sache ist, wie ich höre, an Fürstl. Regierung.

[81] Ich zweifle nicht an einer Resolution, die den Umständen gemäß ist und die Frage für jetzt und künftig entscheidet. Der Gerechtsame des Maurerhandwerks unbeschadet (denn daran ist in einzelnen Fällen nicht zu rühren) kommt mir ein solcher Fall höchst zufällig vor. Es ist offenbar, daß ein Bauherr keine Steine von Zwätzen hierher schleppen wird, wenn er sie näher haben kann, es ist ungeschickt von ihm zu fordern, daß er die ganze rohe Masse über die Hügel schleppen soll, es ist unleidlich von ihm zu fordern, daß er statt tüchtiger, in einer gewissen Länge, die Last haltender und tragender Steine, wider besser Wissen und Gewissen, bey seinem kostbaren Bau, schlechtere nehmen soll. Möchte doch in diesem, so wie in vielen anderen Fällen, auf eine gelinde Weise, das Hinderniß weggehoben werden, das den eizelnen hindert, dem ganzen schadet und nicht dem einzelnen nützt, weil es das ganze lähmt.


Gefällig zu gedenken.

1) Der hiesige Gastwirth zum Bären wünscht bey sich ein Billard aufzustellen, ich weiß nicht ob so etwas zulässig ist und von wem die Vergünstigung abhängt; Sie haben ja wohl die Güte mir gelegentlich ein Wörtchen darüber zu sagen.

2) Ein jungen Mediciner von Lobeda, namens Eichelberg, der über seinen besondern Fleiß und guten Charakter die besten Zeugnisse hat, nährt[82] sich aus eine kümmerliche und wirklich erbarmenswürdige Weise. Sollte man nicht zu seiner Unterstützung und wäre es nur ein geringes augenblickliches Gnadengeschenk, erlangen können? irre ich mich nicht so hat er oder seine Mutter schon irgend ein unerhörtes Schreiben eingereicht.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1796. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6F78-0