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An den Herzog Carl August

Ew. Durchl.

hätte so gern schon lange nach so manchen Übeln ein erfreuliches Wort zugerufen; aber erst heute gefällt es dem kleinen Ritter seinen Wolfsgang in's Leben anzutreten. Es scheint gesund und wacker, brav wird er auch werden; denn so hat er sich schon verbunden mit der Mutter in jenen Schreckenszeiten gehalten.

Da man der bösen Tage sich oft erinnert; so ist es eine Erheiterung auch der guten zu gedencken und mancherley Epochen zu vergleichen, so fiel mir auf daß heute vor siebzehn Jahren mein August mich mit seiner Ankunft erfreute. Er läßt sich noch immer gut an und ich konnte mir Ew. Durchl. Einwilligung aus der Ferne versprechen als ich, in den unsichersten Augenblicken, durch ein gesetzliches Band, ihm Vater und Mutter gab, wie er es lange verdient hatte. Wenn alle Bande sich auflösen wird man zu den häuslichen zurückgewiesen, und überhaupt mag man jetzt nur gerne nach sehen.

Blicken wir nach aussen; so sehen wir uns blos nach Ihnen um und wünschen daß Sie bald wieder [251] in unsrer Mitte und an unsrer Spitze seyn mögen, nur von diesem Augenblick werden wir die Epoche unsrer Wiederherstellung datiren. Manches werden Sie von unsern Schicksalen vernommen haben. Durchaus werden Sie die Spuren des Übels geringer finden als die Einbildungskraft sie in der Ferne zeigt. So würde ich zum Beyspiel sagen können daß die unter meiner Aufsicht stehenden Besitzungen Ew. Durchl. fast unangerührt sind, wenn nicht gerade das was Sie besonders interessirt, Ihre Carten Sammlung besonders gelitten hätte.

Doch alles läßt sich verschmerzen wenn Sie uns bleiben und wir Ihnen, darüber kann niemand eine innigere Freude empfinden als der der ihnen schon so lange und auf Zeitlebens angehört.

Weimar d. 25. Dec. 1806.

Goethe. [252]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1806. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6F9D-D