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An Christiane von Goethe

[Frankfurt, 12. October 1814.]

Montag d. 10ten. In Darmstadt. Um acht Uhr aufs Museum, welches im Schlosse errichtet worden. Es hat Herrn Schleyermacher zum Vorsteher, der es gegründet. Es ist merckwürdig, wegen der Manigfaltigkeit seines Inhalts, so wie durch den Werth seiner einzelnen Schätze. Wenn dieser Anlage nach fortgefahren wird; so kann das Schloß zu Darmstadt sich künftig mit dem Schloß von Ambras vergleichen.

[56] Herrliche Gyps Abgüsse hat es vor diesem genannten älteren voraus. Die Pallas Veletri sah ich hier zuerst, dann manches bekannte sehr schön gegossen wieder. Einige Basreliefs von dem Tempel der Pallas zu Athen erfreuten mich höchlich. Ein solches Wunderliche muß man mit Augen gesehen haben. Ein Pferdekopf von den Venetianischen – und was müßte man nicht alles registriren! Von da an möchte wohl aus allen Kunstepochen, bis auf die neuste Zeit, wohl irgend ein Musterstück zu finden seyn.

(Siehe die dritte Seite)

Dienstag den 11ten. Wiederholte meinen Besuch auf dem Museum und besah mir noch alle vorzügliche Wercke die ich mir gestern gemerckt hatte. Darauf zu einem Architeckten, Moller, der sehr geschickt ist und den Boisserées an ihrem Wercke behülflich gewesen. Durch den sonderbarsten Zufall hat dieser den Original Aufriss des Cöllner Doms entdeckt, wodurch jene Arbeit sehr gefördert und genauer bestimmt wird. Ferner besuchte ich Primavesi, der früher die Aufsichten von Heidelberg radirte, nun aber Theater Mahler in Darmstadt ist. Hierauf zu Prinz Christian, der mich freundlich empfing und mich kurz vor meiner Abreise noch besuchte. Sulpiz Boisserée blieb und ich fuhr mit Schlosser ab. Ein Schaden am Rad hielt uns in langen auf, doch kamen wir zu rechter Zeit nach Franckf. wo uns Frau Schöff Schlosser gar liebreich empfing. Nach einer heitern [57] Abendtafel gings zu Bette. Überhaupt ist mir nicht leicht etwas so glücklich gelungen als diese Heidelberger Expedition, wovon eine umständliche Relation in Euren Händen seyn wird: denn dies ist der fünfte Brief den ich seit dem 28. Sept. absende.

(Supplement zum Montag) Bey Hofe war ich zu Tafel, die Grosherzoginn sehr freundlich und früherer Zeiten eingedenck. Der Grosherzog speist nicht mit, weil er am Fuße leidet. Ihm wartete ich in seinem Zimmer auf wo er sich nach allem was ihm in Weimar lieb und werth ist erkundigte. Wenn August Gelegenheit findet Durchl. der Herzoginn von den hiesigen Herrschaften auch von Prinz Christian das Beste zu sagen; so soll ers nicht versäumen. Auch nach Fr. v. Wedel und Stein ward gefragt und Herrn v. Einsiedel und mir viele Empfehlungen aufgetragen.

(Nun geht es wieder nach Franckfurt)

Mittwoch d. 12ten. Gestern Abend fand ich Euren Brief. Ihr sagt mir in Eil daß ihr Euch sehr wohl befindet, das ist freylich besser als wenn Ihr mit vielen Worten von einem schlechten Zustand Nachricht gäbet; doch hätte etwas mehr auch nicht geschadet. Heute besucht ich Gerning, dann Frau Melber, Mittag speiste Herr v. Buchholz mit uns. Nach Tische ging ich in eine Kupferstich Aucktion und kaufte für einen Cronenthaler sehr schöne Sachen. Abend zu Frau Geheimräthinn Willemer: denn dieser unser würdiger Freund ist nunmehr in forma verheiratet.

[58] Sie ist so freundlich und gut wie vormals. Er war nicht zu Hause. Mit Schlossern ging ich sodann auf die Brücke und an der schönen Aussicht hin und nun bin ich zu Hause erwartend was Morgen kommen wird. Jetzt lebet wohl. Nächstens erfahrt Ihr wie lange meines Bleibens hier seyn wird. Grüßet Wolfs und pflegt ihn aufs beste.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1814. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7008-1