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An Georg Sartorius

[Concept.]

Tausendmal heiße ich Sie zu Hause willkommen und danke dann allervörderst der lieben Frau Gevatterin für das werthe Schreiben das zu guter Stunde bey mir einlangte.

Hiebey folgt die zweyte Medaille, deren Bild Ihnen gar mannichfaltige köstliche Erinnerungen wieder vor die Seele rufen wird. Als die Unternehmer haben [208] wir uns übrigens glücklich zu schätzen, daß die beiden Denkmünzen so gut gerathen sind; denn ich will niemanden vertrauen, was für Wechselfälle mich dieses Jahr über deshalb beunruhigt haben. Von einer dritten, mir im Stilen, überehrenhaft zugedachten hat nur ein Vor- und Probedruck an siebenten November functioniren können. Möge das Werk von schöner Anlage noch einiges Hinderniß überwinden, um auch als Kunsterzeugniß an die vorigen sich glücklich anzuschließen.

Das dreyfache memento mori an unsern theuern lebenslustigen Mitjubilarius will freylich niemand recht zu Sinne, auch ist das Ellenbogenbild ganz unerfreuend; ich dächte der Treffliche hätte Kopfs genug, um ein Medaillenrund vollkommen auszufüllen. Man bedenkt nicht, welch ein ernstes gefährliches Geschäft ein solches Unternehmen sey. Der wackere technischgewandte Loos und Compagnie behandelt es freylich mit behaglicher Trivialität.

Haben Sie auf dießmaliger Fahrt nach Norden genugsamen Stoff zu Ihren großen historischen Zwecken erobert und können Sie nunmehr an die völlige Ausführung Ihres Werkes mit Zuversicht herangehen, so soll es mich wahrhaft freuen und ich werde mir gern auch davon meinen Theil zueignen. Möge uns ein gutes Geschick wieder einmal zu rechter Stunde zusammenführen. Vor einem Jahr mußte ich leider die besuchenden Freunde an kranker Stelle empfangen.

[209] Zum Schlusse Ihres Briefes erwähnen Sie der höchst bedeutenden öffentlichen Angelegenheit. Als Kronprinz hatte der jetzige Souverain sich immer gar freundlich bewiesen, auch hatte Sie ja selbst die Übergabe einer meiner Arbeiten an ihn vermittelt, als er noch in Göttingen studierte und so ist er bis auf die neuste Zeit gnädig und theilnehmend geblieben, deshalb ich denn auch mit einiger Sorge dem so raschen Regierungsantritt zusehe. Freylich erinnert er an Kaiser Joseph: eben so wie dieser mußte er als Zuschauer der unseligsten Mißbräuche allzulange sich still verhalten. Möge ihm glücken was er vorhat!

Bleiben Sie mit den lieben Ihrigen mir immer gleich gesinnt! Freunde mit denen man so viele Jahre herangekommen ist werden immer unschätzbarer und näher verwandt.

Wie hart und grausam die Weltgeschichte abermals in unsere stillen einfachen Zustände eingreift, empfehl ich Ihrem theilnehmenden Gemüthe mit zu empfinden. Das liebenswürdigste, gerad in dem Augenblick heiterste glücklichste Wesen wird genöthigt das Unmögliche schmerzlich gelten zu lassen. Wie uns allen zu Muthe ist und mir besonders wäre nicht auszusprechen. Noch vergangenen 15ten, unterrichtet von dem Unfall, sah ich die jungen Herrschaften bey mir in harmloser heiterer Unterhaltung. Nur so viel um nicht mehr [210] zu sagen! Es ist zerbrochen was nicht hergestellt werden kann.

Möge der gute Geist über Ihnen walten.

Weimar den 29. December 1825.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1825. An Georg Sartorius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-701B-A