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An Carl Friedrich Zelter

So eben, früh ab 10 Uhr, fährt, bey'm klarsten Himmel, im schönsten Sonnenschein, der treffliche Felix, mit Ottilien, Ulriken und den Kindern, nachdem er 14 Tage bey uns vergnüglich zugebracht und alles mit seiner vollendeten liebenswürdigen Kunst erbaut, nach Jena, um auch dort die wohlwollenden Freunde zu ergötzen und in unsrer Gegend ein Andenken zurückzulassen, welches fortwährend hoch zu feyern ist.

Mir war seine Gegenwart besonders wohlthätig, da ich fand, mein Verhältniß zur Musik sey noch immer dasselbe; ich höre sie mit Vergnügen, Antheil und Nachdenken, liebe mir das Geschichtliche, denn wer versteht irgend eine Erscheinung, wenn er sich von dem Gang des Herankommens [nicht] penetrirt? Dazu war denn die Hauptsache daß Felix auch diesen Stufengang recht löblich einsieht und, glücklicherweise, sein gutes Gedächtniß ihm Musterstücke aller Art nach Belieben vorführt. Von der Bachischen Epoche heran, [86] hat er mir wieder Haydn, Mozart und Gluck zum Leben gebracht; von den großen neuern Technikern hinreichende Begriffe gegeben, und endlich mich seine eigenen Productionen fühlend und über sie nachdenken machen; ist daher auch mit meinen besten Segnungen geschieden.

Dieß hab ich dir alles frisch und eilig überschreiben und dich zu neuen Mittheilungen aufrufen wollen. Sagen den werthen Eltern des außerordentlichen jungen Künstlers das Allerbeste, in bedeutenden Worten; gib einem willfährigen Pflanzenfreunde beyliegendes Zettelchen und gedenke meiner als eines, zwar nicht immer behäglich, aber doch immerfort ernst, ja leidenschaftlich strebenden und wirkenden Freundes, der sich an deinen Beyspielen gern erbaut.

und so fortan!

Weimar den 3. Juni 1830.

G.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1830. An Carl Friedrich Zelter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7265-0