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An Christiane Vulpius

Carlsbad den 3. Julius 1806.

Ich will versuchen, dir eine Nachricht direct nach Lauchstädt zu schicken, weil ich vermuthen kann, daß sie dir eher zukommt als über Weimar. Du erfährst also durch Gegenwärtiges, daß wir glücklich in Carlsbad angekommen sind. Sonntag den 29. Jun. gelangten wir bis Schleiz. Den 30. bis Asch, wo wir um 9 Uhr abends, im Regen, eine Viertelstunde vors Thor gingen, um in einer Scheuer Die Hussiten vor Naumburg spielen zu sehen. Den 1 Juli kamen wir bis Eger, wo wir zu ausruhten und manches, was sich auf Wallenstein bezog, sahen. Gestern den 2. Abends kamen wir erst hier an. Die Wege waren mitunter ganz erschrecklich und es regnete auch von Zeit zu Zeit gewaltig. Zum Schlusse aber sind wir hier ganz angenehm logirt und befinden uns wohl. Das gewaltsame Rütteln und Schütteln auf der Reise hat, glaube ich, schon die Hälfte der Kur vollbracht.

Die Gegend ist hier, wie vor Alters, sehr schön. Das Städtchen, seitdem ich es nicht gesehen habe, viel besser aufgeputzt und außerordentlich angenehme Spaziergänge sind angelegt worden; woran wir uns schon sehr vergnügt haben. Es fehlt nichts, als daß wir nicht alle zusammen hier sind. Wir essen zusammen auf der Stube und werden gut bedient. Das [154] Essen ist hier besser als sonst. Das baare Geld steht sehr hoch, weil die Papiere immer mehr fallen. Das Kopfstück, das sonst 20 Kreuzer galt, wird nun für 32 genommen; und obgleich die Preise gestiegen sind; so zahlt man doch im Grunde nicht viel mehr als sonst. Noch ist kein Theater hier. Es kommt erst Sonntags den 6. Juli. Mehr sage ich nicht, und wünsche wohl und vergnügt zu leben. Notire doch den Tag, wo Du den Brief erhältst, damit man weiß, Wie lange er unterwegs gewesen ist. Wir grüßen alle zum schönsten. Mit dem herzlichsten Lebewohl

G.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1806. An Christiane Vulpius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-72D8-0