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An Friedrich Schiller
Ein Brief kann doch noch früher als ich selbst ankommen, darum will ich Ihnen für Ihr letztes dancken. Ihr erster Brief war 11 Tage unterwegs, der zweyte 5 und der letzte 7. So ungleich gehen die Posten hierher.
Es thut mir leid daß Sie inzwischen aus Noth gefeyert haben, indeß meine Tagedieberey willkührlich genug war. Ich habe mein einmal angefangnes Leben fort gesetzt, nur mit der Gesselschaft existirt und mich dabey ganz wohl gefunden. Man könnte 100 Meilen reisen und würde nicht so viel Menschen und so nah sehn. Niemand ist zu Hause deßwegen ist jeder zugänglicher, und zeigt sich doch auch eher von seiner günstigen Seite. Das fünfte Buch ist abgeschrieben, und das sechste kann in einigen Tagen fertig seyn. An den Epigrammen ist wenig geschehen und sonst gar nichts.
Ich wünsche Glück zu den neuen Beyträgen und bin neugierig sie zu lesen.
Nach Ihnen ist viel Nachfrage und ich antworte jenachdem die Menschen sind. Überhaupt hat das [283] Publicum nur den dunckelsten Begriff vom Schriftsteller. Man hört nur uralte Reminiszenzen; von seinem Gange und Fortschritte nehmen die wenigsten Notiz. Doch muß ich billig seyn und sagen daß ich einige gefunden habe die hierin eine merckwürdige Ausnahme machen.
Das sechste Stück der Horen ist noch nicht in diese Gebirge gedrungen ich habe bey Kalve von Prag schon Beschlag darauf gelegt.
Leben Sie wohl grüßen Sie die liebe Frau.
Carlsbad d. 29. Jul. 95.
G. [284]