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An Christiane Vulpius

Endlich habe ich, mein liebes Herz, deine letzten Briefe erhalten, die du mir unmittelbar schicktest. Ich weiß nicht was die gute Mutter machte indem sie die andern bey sich liegen ließ, da ich ihr doch Cottas Adresse gegeben, und alles umständlich verabredet hatte. Nun ich weiß daß du mit dem Kinde wohl bist bin ich ruhig und habe mich recht gefreut wieder etwas von deiner Hand zu sehen. Habe jetzt nur noch ein wenig Geduld, denn ich komme bald wieder, auch mir ist es in der Entfernung von dir nie recht wohl geworden, wir wollen uns nunmehr desto lebhafter des Zusammenseyns freuen. Der Gefahr wegen hätte ich wohl nach Italien gehen können, denn mit einiger Unbequemlichkeit kommt man überall durch, aber ich konnte mich nicht so weit von euch entfernen. Wenn es nicht möglich wird euch mitzunehmen, so werd ich es wohl nicht wiedersehen. Grüße den Kleinen und dancke ihm für seine Briefe, sie machen mir viel Freude. Da ich nicht über Franckfurt gehe weiß ich noch nicht, wenn ich über Nürnberg komme, so finde ich gewiß etwas nützliches und erfreuliches. Dafür ist schon für die weibliche Welt besser gesorgt. Einen genähten Musselin für dich von besonderer Schönheit, ein mit Blümchen gewirckter, für Ernestinen, und Halstücher mit allerley Kanten, damit von der Tante [348] an die übrigen Hausgenossen erfreut werden können. Ich habe mir auch kleine Tücher um den Hals gekauft, fürchte aber du wirst mir sie wegkrapfeln, denn sie werden auch um den Kopf artig stehen. Alles zusammen ist nach der neusten Mode, besonders ist dein Kleid sehr schön, es ist aber auch nicht wohlfeil. Ich habe es noch nicht, denn ich habe es nach dem Muster aus der ersten Hand gekauft und erwarte es von St. Gallen, wo die Fabrick ist. Bey den Mustern that einem die Wahl weh, aber Meyer und ich waren doch zuletzt einig.

Daß nichts bey dir ankommt wundre dich nicht, es geht mir eben so, ich habe auch noch keinen Herrmann. Da ich deine ersten Briefe nicht erhalten habe, so weiß ich nicht ob der Wein für den Bauverwalter angekommen ist, den ich doch so gut und sorgfältig bestellt hatte. Wäre er nicht gekommen, so schreibe meiner Mutter und frage wie es damit steht, wenn er nur nicht gar zu spät ins Jahr verschickt wird. Freylich ists eine böse Sache, wenn man einmal weggeht, so ists beynahe als wenn man tod wäre. Geh. R. Voigt und Hofr. Schiller haben mich am treulichsten begleitet.

Meyer grüßt schönstens, er ist recht wohl und munter. Geist macht seine Sachen im Ganzen recht ordentlich. Lebe wohl. Wenn du dieses erhältst bin ich schon in Tübingen. Von da schreib ich dir wieder und so fort wie ich mich nähere. Ich freu mich [349] herzlich dich wieder zu sehen und habe dich über alles lieb. Zürch d. 25. Octbr. 1797.

G.


Du schreibst mir nun nicht mehr.

Sage deinem Bruder es sey mir angenehm daß die Todenfeyer gut aufgenommen worden und daß er zu der Amalfi gute Hoffnung habe. Was sein Werk betrifft so möchte er es nur recht durchdenken, und einen ausführlichen Aufsatz darüber machen. Ich will alsdann versuchen es einem Verleger annehmlich zu machen.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1797. An Christiane Vulpius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7414-5