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An Charlotte von Stein

Montag den 21. Julius 1806.

Ihren lieben Brief, verehrte Freundin, hab' ich spät erhalten und eile dagegen einiges zu erwiedern. Mit meinem Befinden geht es recht gut. Ich habe mich ohne Arzney, blos durch Trinken und Baden, bis jetzt hingebracht und keine Erneuerung meiner Übel erlebt. Wir wollen die Cur noch vierzehn Tage fortsetzen und dann nach Jena zurückkehren. Die [163] Anzahl der Badegäste hat sich seit vierzehn Tagen sehr vermehrt. Die Liste geht bis auf 650. Unter die letzten Ankömmlinge gehört eine schöne Fürstin Nariskin, welche zum Beweise dient, daß Alexander der Erste keinen üblen Geschmack hat. Die Fürstin Solms ist schon länger hier und immer sehr anmuthig und freundlich. Der Landgraf Carl von Hessen, Fürst Reuß und andre vorzüglichere Männer minderen Standes sind gesprächig und unterhaltend und ich habe schon manche Bekanntschaft gemacht. Graf Lepel hat ein Portefeuil bey sich von schönen und bedeutenden Kupfern. Die Gegend ist die alte, nur ist sie viel genießbarer gemacht durch köstliche Wege zum Fahren und Gehen. Man kommt ziemlich bequem auf den meisten Höhen und Felsen herum. Daß wieder viel Steine geklopft worden sind, und daß eine ziemliche Parthie eingepackt und fortgeschafft wird, können Sie leicht denken. Ich wünsche Sie gesund wieder zu finden: denn mein Vorsatz, die Mittwoche die Geologie vorzutragen, ist in diesen Gegenden nur bestärkt worden. Es that mir sehr leid, Sie die letzte Zeit nicht bey uns zu sehen. Empfehlen Sie mich Durchlaucht der Herzogin und dem jungen Paare zu Gnaden. Für Prinzeß Caroline bringe ich ein Dutzend landschaftlicher Skizzen mit und empfehle mich ihr zum voraus zu Gnaden. Gedenken Sie mein bey den Freundinnen und erhalten sich gesund.

G. [164]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1806. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7441-0