38/78.

An den Großherzog Carl August

Ew. Königliche Hoheit

erlauben einiger Puncte schuldigst erwidernd zu gedenken.

1) Das Cölner Carneval hat mich zu besonderm Antheil aufgeregt; ich habe deshalb noch verschiedene Fragen an den Präsidenten Nees v. Esenbeck gelangen lassen. Übrigens trifft dieses Ereigniß mit der Schilderung zusammen die mir Zelter von dem behaglichen Rheinleben gemacht hat. Wohl möcht ich Höchst Denenselben, und wäre es auch nur auf Augenblicke in jenen heitern Gegenden aufwarten.

2) In Jena ist auch ein solcher Pegel an einem Pfeiler der Brücke, den ich aus dem Erker der Tanne [89] in voriger Zeit gesehen; doch war damals kein großes Wasser.

3) Der Brief von Röse ist wirklich sehr erfreulich; es wiederholt sich hier die alte Erfahrung, daß wir on der Geschichte meistens nur allgemeine unsichere Umrisse kennen, die sich wie man in's Besondere geht, ganz eigen modificiren.

4) Die Geister-Tafel will ich durch etwas weniges Farbe noch brauchbarer machen, da sich denn mit einiger Aufmerksamkeit davon noch leichter Vortheil ziehen läßt.

5) Die Parias, den französischen und deutschen, betrachte ganz aus demselben Standpunct, auch ist bey Gelegenheit des letzten vollkommen wahr gesprochen, daß es gut ist an etwas Unwahrscheinlichem vorüber zu gehen, um auf eine höhere Region zu kommen.

Ein Programm auf der Rückseite des Theaterzettels soll bereit liegen, wie ich denn auch wegen Decoration und Kleidung sogleich an den Grafen Brühl schreiben werde.

6) Hab ich das Glück Ew. Königliche Hoheit bey mir zu verehren, so kann ich recht wohl gelungene Porträte von Schmeller, auf grau Papier mit schwarzer und weißer Kreide, vorlegen und man darf wohl sagen, daß er in diesen drey Wochen schon Vorschritte bewiesen hat.

7) Das Exemplar Cölnischer Dom 2. Heft senden Höchst Dieselben wieder zurück, denn Boisserée kündigte [90] mir schon längst von Paris die Ankunft desselben auf Seidenpapier an; ich will an den Stuttgarter Bruder schreiben und mich um die Ursache des Aufschubs erkundigen. Das für mich bestimmte Exemplar sollte zu gleicher Zeit ankommen; auch besitzen wir schon, wenn ich mich recht erinnere, die zur zweyten Sendung gehörigen bunten Fensterscheiben.

In kurzem einiges nachzubringen mir ehrerbietigst vorbehaltend

unterthänigst

Weimar den 27. März 1824.

J. W. v. Goethe.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1824. An den Großherzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7473-F