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An Friedrich Heinrich Jacobi
Mein Weimarisches Gewissen ist schon lang aus seinem Schlummer erwacht, dein letzter Brief hat ihm völlig die Augen eröffnet, indessen hat es sich auf eine unerlaubte Weise auf seinem Lager gedehnt, bis die zweyte Ankunft der Fürstinn es völlig auf die Beine und ihre Abreise an den Schreibtisch gebracht hat.
Diese herrliche Seele hat uns durch ihre Gegenwart zu mancherley Gutem geweckt und gestärckt, und die Ihrigen haben uns schöne Stunden und Freude gegeben. Du kennst mich und sie und wenn ich dir sage daß wir diesmal ganz natürlich gegen einander und offen gewesen sind; so kannst du dir das übrige wohl dencken. Am meisten freut mich daß Frau v. Stein und Sie sich haben kennen lernen.
Herder war kranck und ist's noch an Rückenschmerzen und hat nur wenig mit uns seyn können.
Der gute Hemsterhuis war auch nicht wohl, doch[109] immer mittheilend und gefällig. Fürstenberg war sehr munter und alle schienen vergnügt, das übrige muß dir die Fürstinn schreiben.
Daß ich dir über dein Büchlein nicht mehr geschrieben verzeih! Ich mag weder vornehm noch gleichgültig scheinen. Du weißt daß ich über die Sache selbst nicht deiner Meinung bin. Daß mir Spinozismus und Atheismus zweyerley ist. Daß ich den Spinoza wenn ich ihn lese mir nur aus sich selbst erklären kann, und daß ich, ohne seine Vorstellungsart von Natur selbst zu haben, doch wenn die Rede wäre ein Buch anzugeben, das unter allen die ich kenne, am meisten mit der meinigen übereinkommt, die Ethik nennen müsste.
Eben so wenig kann ich billigen wie du am Schlusse mit dem Worte glauben umgehst, dir kann ich diese Manier noch nicht passiren lassen, sie gehört nur für Glaubenssophisten, denen es höchst angelegen seyn muß alle Gewißheit des Wissens zu verdunckeln, und mit den Wolcken ihres schwanckenden lufftigen Reichs zu überziehen, da sie die Grundfesten der Wahrheit doch nicht erschüttern können.
Du, dem es um Wahrheit zu thun ist, befleisige dich auch eines bestimmten Ausdrucks.
Grüse die deinigen! Liebe mich.
Von Mineralien habe ich noch nichts erhalten. Viel Glück zu der Chymie und was draus folgt.
Weimar d. 21. Oktbr. 85.
G. [110]