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An Johann Friedrich Cotta

Sie werden nun bald, werthester Herr Cotta, das sechste Stück der Propyläen fertig erhalten, wir haben es diesmal auf das möglichste ausgestattet und vom siebenten Bogen an enger gedruckt. Alles was die Preisertheilung betrifft ist mit großer Sorgfalt behandelt worden wie es denn auch die Sache verdient. Denn sollte diese Anstalt so fortwachsen und das Zutrauen der Künstler gewinnen, so läßt sich nicht absehen wohin sie führen kann. Die größte Schwierigkeit wird seyn den bildenden Künstler aus seiner beschränkten Egoisterey herauszuziehen in die er nothwendig versinken muß, indem er meist nur ein kleines Publikum hat das gewöhnlich nur aus Gönnern und Freunden besteht. Kann man daher ihnen und ihren[143] Werken Publicität geben so daß das Vaterland seine Künstler und der Künstler seine vaterländischen Kunstgenossen kennen lernt so muß ein allgemeinerer Sinn sich über das ganze Fach verbreiten. Das nächste Jahr hoffen wir schon viel weiter zu seyn.

Könnten Sie mir eine kurze Nachricht von allen Künstlern verschaffen welche seit der Regierung des Herzog Karl im Würtenbergischen gewirkt, oder sich gebildet, so würden Sie mir viel Vergnügen machen.

Der Geburtsort, so wie das Geburtsjahr wäre anzuzeigen, ferner der Meister, die Schule, die Art der Arbeiten, Reisen, das Sterbejahr und bey den Lebenden die gegenwärtigen Verhältnisse und neusten Arbeiten. Je mehr derjenige der eine solche Arbeit übernähme Kunstkenner wäre, desto wünschenswerther wäre es freylich. Auch steht ein verhältnißmäßiges Honorar gern zu Diensten.

Wenn Sie mir bey Ihren weitläufigen Verhältnissen etwa von München, Salzburg, Passau ähnliche Nachrichten verschaffen, so soll alles mit der Zeit auch den Propyläen zu Gute kommen.

Wollten Sie mir gefällig melden was ich Ihnen für Bücher schuldig geworden, nämlich für den Virgil und Philiberts Botanik.

Daß Ihnen die leidigen Karrikaturfratzen auch noch durch Nebenumstände Verdruß machen thut mir Leid. Ich verwunderte mich selbst über das Wort das ich in meinen ersten Exemplaren nicht gefunden [144] hatte. Indessen wenn dieser leidige, und für ächte Kunst ganz verderbliche Geschmack sich in Deutschland noch weiter verbreiten sollte, so wird es noch manche Händel geben, indem der ganze Spas ja eigentlich auf Deutungen und Misdeutungen beruht und unsere Großen, wenn man sie direct oder indirect treffen sollte, wohl schwerlich die Langmuth Georg III. und seiner Minister zum Muster nehmen würden. Übrigens wünsche ich, daß der gegenwärtige Fall keine Folgen haben möge.

Unsere dramatische Preisaufgabe soll hoffentlich auch nicht unfruchtbar seyn, indem Schiller wohl die Beurtheilung der eingehenden Stücke übernehmen wird. In dem Schreiben an den Herausgeber der Propyläen, p. 148 des gegenwärtigen Stücks, ist sein Geist und seine Hand wohl auch nicht zu verkennen.

Was den Faust betrifft, so ergeht es mir damit wie es uns oft bey Reisen geht daß sich die Gegenstände weiter zu entfernen scheinen je weiter man vorrückt. Es ist zwar dieses halbe Jahr über manches und nicht unbedeutendes geschehen; ich sehe aber noch nicht daß sich eine erfreuliche Vollendung so bald hoffen läßt.

Der ich bald von Ihnen zu hören hoffe, und recht wohl zu leben wünsche.

Jena am 17. Nov. 1800.

Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1800. An Johann Friedrich Cotta. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7555-F