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An Ulrike von Pogwisch

Ich würde dir, meine gute Ulrike, mit mehr Vergnügen für deine Tagebücher danken, wenn ich daraus ersähe, daß du in Carlsbad heiter und vergnügt wärest und der, dort wohl allenfalls möglichen Geselligkeit genössest; da dich aber deine Übel verhindern, theils Bekanntschaften zu machen, theils die eingeleiteten weiter zu führen, so kann ich nur bedauren, daß du in der Fremde gewissermaßen deinen häuslichen Zustand fortzusetzen genöthigt bist.

Von hier wird schon mannichfaltige Nachricht zu euch gekommen seyn, wo ich nur wenig hinzuzusetzen wüßte. Frau Großherzogin ist am Dienstag bey mir gewesen, und es hat sich angenehme Mittheilung und Unterhaltung angeknüpft, wie du sie kennst.

Von Berlin hört man nichts als Gutes was Prinzeß Marie betrifft. Ich habe von dorther manche Kunstsachen erhalten, die von großem Werth sind und mich besonders Nachmittags und Abends beschäftigen.

Nach mehrern Tagen großer Dürre ist endlich ein sanfter Regen eingetreten, der aber lange anhalten müßte, wenn er die Pflanzenwelt einigermaßen erfrischen wollte.

Wölfchen ist mein gewöhnlicher Gesellschafter und pflegt einige Stunden Abends mit mir im Garten [279] zuzubringen, wo er denn aus Blättern und Blumen Putzwerke zusammensetzt, wie er sie von Melossens Kindern und Josephen gelernt hat; dann schreibt er wohl auch die Namen auf aus den orientalischen Mährchen und andere Worte die er nicht versteht. Diese werden verschiedentlich abgeschrieben und erklärt, nicht ohne Unbequemlichkeit, wie die Kinder sind, die nicht enden können. Sogar weiß er mit der größten Artigkeit mich zu nöthigen, daß ich vor Schlafengehen entweder Charte oder Dorl mit ihm spielen muß.

Von Berlin sind höchst elegante Stammbücher nach Belvedere gelangt und mir zum Einschreiben übergeben worden; ich habe mir Verschiedenes ausgedacht, womit ich aber noch nicht zu Stande kommen konnte. Als ich neulich oben war, meine erste Aufwartung zu machen, fand ich die Frau Erbgroßherzogin besser als ich sie mir gedacht hatte; denn wer kann den Ärzten und ihren Bülletins trauen. Auch höre ich vom Hofrath Meyer, der immerfort oben wohnt, theils schriftlich theils mündlich das Beste.

Unsern Großherzog erwarten wir in diesen Tagen; er scheint mit seiner Cur, zuletzt auch mit der Gesellschaft, zufrieden zu seyn. In Töplitz hat er sich, Ihro Majestät den König erwartend, länger aufgehalten, als anfangs die Absicht war.

Nun erinnere ich mich auch des dir mitgegebenen Geldes, das du, wie mir Ottilie sagt, nicht los [280] werden kannst, weil keine der gewünschten Gläser sich vorfinden. Kaufe dafür einen hübschen Zeug für die beiden Knaben zu Kleidern. In der österreichischen Monarchie werden dergleichen sehr artige Sachen verfertigt, die wohlfeil sind, aber nicht zu uns herauskommen.

Indem ich nun umherdenke, was ich dir aus meinem Kreise noch zu vermelden hätte, so darf ich nicht übergehen, daß die Malvenallee im untern Garten so schön geworden ist und so herrlich blüht, daß ich sie fast zu schön finde, besonders Abends, wenn die zum Untergang sich neigende Sonne durch die Blumen scheint und die mannichfaltigen Farben erst recht in ihrem Glanz und Werth hervorleuchten.

Wenn ich nun schwerlich mit einem Gegenstand schließen könnte, der heiterer wäre, so will ich hiermit aufhören und dir sowohl als der Frau Gräfin und übrigen weimarischen Curgästen das Allerbeste und eine glücklich-freundliche Rückkehr wünschen.

treugesinnt

Weimar den 27. Juli 1827.

Goethe. [281]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1827. An Ulrike von Pogwisch. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-755D-0