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An Carl Ludwig Woltmann
Weimar, den 18. August 1811.
Ew. Wohlgebornen
Übersetzung des Tacitus und zwar deren zwey erste Bände habe ich wohl erhalten, und mich bey dieser Gelegenheit gern wieder zu den wichtigen Denkmälern der ältern Geschichte gewendet. Ich werde nicht verfehlen, Freunde und Bekannte auf dieses Werk aufmerksam zu machen, und ich wünsche daß ich etwas zu dessen Verbreitung dadurch beytragen möge.
Über die Grundsätze, welche Sie bey Ihrer Übersetzung in Absicht auf Sprache und Styl befolgen, erlaube ich mir kein Urtheil, indem ich wohl weiß, daß manches Befremdliche versucht werden muß, bis Zeit und Gewohnheit das erst neu und gewagt scheinende aufnehmen und bestätigen. Auch ist das was Sie ausgeübt nicht ohne Vorgänger. Aber das darf ich wohl sagen, daß gerade in dem Fall, in welchem Sie, wie Sie mir schreiben, sich befinden, die Sache vielleicht etwas leichter und für den Leser bequemer zu [149] nehmen gewesen wäre. Sie widmen Ihre Arbeit dem gegenwärtigen Augenblicke, Sie wünschten die Theilname des Publicums; aber sollte dieses nicht eben durch einen Styl abgeschreckt werden, der den jetzt Lebenden fremd erscheinen muß, wenn seine Verdienste auch wohl in er Zukunft anerkannt werden.
Verzeihen Sie diese Bemerkung; sie fließt aus dem Wunsche, daß Ihr Werk, bey so manchen äußern Hindernissen, nicht auch noch durch ein inneres möge gehemmt werden.
Was meine Farbenlehre betrifft deren Sie mit Gunst erwähnen, so ist deren Sie mit Gunst erwähnen, so ist sie eigentlich der Zukunft gewidmet. Es freut mich aber zu hören, daß die Zeitgenossen daran auf mancherley Weise Antheil nehmen, es sey nun durch Widerspruch, oder durch ernstliches Aufmerken auf die Phänomene die ich besonders in Anregung gebracht, aber sonst auf eine andere Weise. Dieses alles kann für den Moment nur Verwirrung hervorbringen, und ich darf nicht verlangen, daß Andre dasjenige, was ich seit so viel Jahren in mir aufgebaut, und gleichmäßig bey sich in kurzer Zeit zusammenstellen sollen. Indessen soll es mich freuen, wenn, wie Sie mir gefällig melden, die Behandlungsart Beyfall findet.
Da ich Ihre Sendung in Jena erhielt, gab sie mir Anlaß jener guten Zeiten zu gedenken, die wir daselbst in gemeinsamen Bestrebungen und Hoffnungen zubrachten. Lassen Sie uns, nach allem was die [150] Jahre geraubt haben, des frühern guten Verhältnisses immer eigedenk bleiben.
Ich empfehle mich Ihnen bestens, und bitte Herrn Lefebre, welcher von der Casseler Gesandtschaft ab, und vor Kurzem von hier nach Berlin ging, etwas Freundliches von Mir zu sagen. Es war mir sehr interessant, seine Bekanntschaft gemacht zu haben.
Goethe.