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An Friedrich von Schuckmann

Weimar, 14. Mai 1791.

Ich habe von einer Zeit zur andern meine Antwort aufgeschoben, weil ich eine Epoche nahe glaubte, wo meine Anträge bestimmter und dringender werden müßten. Es hat sich wider verzogen und unsere Constitution wird nun wohl wieder eine Weile so hingehen. Da dieses auch mit Ihren Wünschen zusammentrifft, so mag es seyn, und ich beantworte Ihre Fragen vorläufig um Sie mit unserer Lage bekannter zu machen.

Also zuförderst von dem allmächtigen Gelde. 2000 biß 2200 Thlr. sind ohngefähr das Höchste was unser[257] Dienst trägt. Man reicht damit, ich möchte sagen so weit wie in allen mittleren Städten Deutschlands, die Quartiere sind das theuerste, im Ganzen sind die Lebensmittel in mäßigen Preise. Das einzige was jene Summe wircklich hier größer macht ist, daß weder Hof und Stadt exigeant sind, daß jeder nach seiner Weise lebt und weder zu einem Aufwande von Kleidern, Equipage, Gastirungen pp. genöthigt ist, wenn er ihn nicht machen kann oder mag. Es ziehen deßwegen jährlich Fremde zu uns die ganz wohl ihre Rech nung dabey finden.

Natürlich würden Sie einige Zeit brauchen die Verhältnisse des kleinen Staates kennen zu lernen, doch ist er leicht zu übersehen, besonders für jemand der aus dem größern kommt. Es ist vieles bey uns ziemlich im klaren und jemand der mit Consequenz auf Ordnung und Klarheit arbeitet wird hier bald zu Hause seyn. Die Art wie sich der Herzog selbst der Geschäfte annimmt bringt viel Gutes hervor.

Das Verhältniß eines neu eintretenden fremden Geschäftsmannes hat immer einige Mißlichkeit, doch würde ich Ihnen im entstehenden Falle darüber ganz aufrichtig und klar sprechen. Es versteht sich daß alsdann ohnedem eine Veränderung in dem gegenwärtigen Personal vorginge.

Ihre Entlassung aus dortigen Diensten würde Durchl. der Herzog selbst zu bewircken sich angelegen seyn zu lassen.

[258] Uns so schmeichle ich mir mit der Hoffnung Sie einmal näher zu sehen und mit Ihnen manche Knoten zu lösen die die Menschen verwirren und unnöthiger ja ungeschickter Weise ihnen das Bißchen Glückseligkeit rauben, dessen sie noch fähig wären.

Leben Sie recht wohl, behalten Sie mich in einem freundlichen Andenken und erhalten es in dem Kreise der sich meiner erinnert.

Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1791. An Friedrich von Schuckmann. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-78AF-F