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An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

[Carlsbad, 31. Juli 1810.]

Ew. Excellenz

erhalten von mir einige Nachricht spät und kurz vor meinem Abgang, welche früher hätte erscheinen sollen; doch will ich mich nicht entschuldigen und vor allen Dingen versichern, daß es mir höchst unangenehm war zu vernehmen, Ihre Thätigkeit sey durch ein unerwartetes Übel gestört worden. Glücklicher Weise vernahm ich zugleich die Wiederherstellung und wünsche nur, daß sie dauerhaft gewesen sey.

Von Carlsbad will ich zuerst des Alten und Unvergänglichen erwähnen, der Felsen und Gebirge, die[151] noch immer in alter Pracht und Herrlichkeit dastehen und besonders wenn die Sonne scheint, einen gar vielfach erfreulichen Anblick geben. Auch im Einzelnen sind sie wieder untersucht worden; und ob sich gleich nichts eigentliches Neues findet, so ist doch Mannigfaltigkeit und Vollständigkeit angenehm.

Der gute Müller lebt noch auf seine alte Weise fort. Er hat sich von großen Krankheiten erhohlt und ist, wenn auch nicht rüstig, doch noch immer thätig und klug. Mein kleiner Aufsatz zu seiner Sammlung hat nun Zeit gehabt sich zu verbreiten, und seine Cabinettchen werden häufig verlangt. Wenn er ein klein wenig mehr Geschick hätte; so würde er den Winter über die Sammlungen machen, einpacken, um sie bereit zu haben, wenn sie gefordert würden. So sucht er aber jedesmal erst die Suite zusammen, wenn sie bestellt ist. Unser guter Bergrath würde sich hiebey anders benehmen.

Ein Graf Razoumowsky, der sich seit dem May hier befindet, geologisirt auch sehr eifrig; weil er aber ins unendliche Kleine geht, und deshalb alles besser zu wissen glaubt, weil er Varietäten, die man mit Fleiß ignorirt, auffindet und für bedeutend hält; so ist nicht angenehm mit ihm umgehn, um so weniger als auf diesem Wege keine Belehrung zu hoffen ist.

Einiges was sich auf diese Liebhaberey bezieht, habe ich hier gefunden. So besitzt Franz Mayer ein Schmuck-Kästchen, worin acht oder mehr Stücke, als[152] eine Uhr, Uhrkette, Etuis, Dosen und dergleichen, alle von dem Villacher opalisirenden Muschelmarmor, und zwar von dem allerschönsten, gearbeitet, sind. Es schreibt sich aus der besten Zeit her, wo dergleichen häufig zu haben war, und man also aussuchen konnte. Er verlangt 1500 fl. dafür.

Bey dieser Gelegenheit muß ich des Curses der Bankzettel gedenken. Sie stehen jetzt wieder zu 400 für 100. Sie waren schon weiter herunter, und werden sich schwerlich wieder viel hinauf helfen. Dieser Curs macht den hiesigen Aufenthalt dießmal unangenehm und theuer. Nicht allein die Kaufleute, sondern auch die Wirthe fangen nun an ihre Forderung nach diesen Verhältnissen einzurichten, und weil diese Verhältnisse nicht sicher, sondern vorübergehend sind, und die Banknoten täglich mehr an Credit verlieren; so übertreibt man die Forderungen, um ja nicht zu kurz zu kommen. Deswegen ist alles, besonders auch die Quartiere, theurer als sonst, nicht allein dem Nennwerthe der Zettel nach, sondern auch gegen Silbergeld gerechnet.

Hiezu kommt noch, daß bey der großen Anzahl von Gästen mancher zuletzt für die Quartiere bezahlte, was gefordert wurde. Ferner daß in Teplitz und Franzenbrunn alles noch theurer ist, und die Carlsbader, ungeachtet ihrer sonstigen Honnettität, doch auch nicht ganz zurückbleiben wollen. Genug es läßt sich voraussehen, daß bey dieser Einleitung Carlsbad in[153] keinem Sinne mehr für uns so wohlfeil seyn wird, wie es sonst war.

Seit einigen Tagen fängt es an, wieder etwas leerer zu werden. Der Zudrang war im July sehr groß. Ich habe ältere Freunde wiedergefunden, sowie auch neue interessante Bekanntschaften gemacht. Die erste Zeit befand ich mich recht wohl; nachher mußte ich einiges leiden, doch half ich mir bald wieder, wobey mir besonders die Gegenwart unsers Starke zu gute kam.

Dieser treffliche Mann befindet sich sehr abwechselnd, und es sieht nicht aus, als wenn ihm die hiesige Kur großen Vortheil bringen werde. Doch wollen wir für ihn und uns die Hoffnung nicht aufgeben.

Von Durchlaucht dem Herzog aus Töplitz vernehmen wir desto bessere Nachrichten. Das Baden soll ihm sehr gut anschlagen. Ich denke auch die nächste Woche in Töplitz zu seyn, und hoffe, da Ew. Excellenz doch manches Paket dahin spediren, auch daselbst ein Wort von Ihnen zu vernehmen.

Sie haben in Weimar indessen auch nicht immer die beste Zeit gehabt: die Krankheit der kleinen Prinzessin, der Abschied unsrer theuren Prinzeß Caroline, des Herzogs Übel und was sich sonst noch hinzufügte. Sagen Sie mir, daß es jetzt im Ganzen und Einzelnen wieder besser steht.

Das Vergnügen, das wir in Carlsbad hatten, Ihro Majestät die Kaiserinn längere Zeit unter uns [154] zu sehen, ist leider auch durch das Befinden dieser trefflichen Dame einigermaßen verkümmert worden. So vielen Vorzügen wünscht man eine lange Dauer, und ist freylich bey allen Symptomen ängstlich, die auf das Gegentheil hindeuten.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7B5F-B