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An Johann Heinrich Meyer

Ihre gütigen Besorgungen und Sendungen, mein theurer Freund, haben mir viel Freude gemacht. Die Pappe, das Kaazische Blatt, sind gut zu mir gekommen. Daß dieser ausgebildete Mann sich und uns verloren gehen soll, ist fatal; welches eben soviel heißen soll als schicksalig und verdrießlich.

Die beyden Contradrucke folgen auch. Das gute Kind kann wohl was und könnte noch mehr lernen,[249] aber das schlimmste ist, sie denkt falsch wie die sämmtliche Theecompanie ihrer Zeitgenossinnen: denn in unsrer Sprache zu reden, so hole der Teufel das junge künstlerische Mädchen, das mir die heilige Ottilie schwanger aufs Paradebett legt. Sie wissen besser als ich was ich sage. Jene können nicht vom Gemeinen und Niederträchtigen von der Amme, von der Madonna loskommen und dahin zerren sie alles, wenn man sie auch gelinde davon zu entfernen wünscht. Das todte, wirklich todte Kind gen Himmel zu heben, das war der Augenblick der gefaßt werden mußte, wenn man überhaupt solches Zeug zeichnen will. So wie im andern Falle in der Capelle für malerische Darstellung nichts gelten kann, als das Herantretendes Architekten. Aber wo sollte das Völklein, bey allem freundlichen Antheil, hernehmen worauf es ankommt.

Die chromatischen Berge und Gipfel, die wir zu ersteigen haben, sind zwar nicht mehr blau, aber da Sie so ein entsetzlicher Feind von solchen Gipfeln in der Nähe sind; so werden Sie ohngefähr begreifen, wie es uns zu Muthe ist, wenn wir auch das noch beklopfen und überschreiten sollen.

Weil aber kein andrer Weg ins Carlsbad ist, als dieser, so muß er auch zurückgelegt werden und eingedenk der Späße auf dem Gotthardtsgipfel, behalten Sie mich lieb und gedenken Sie meiner ohne ganz zu schweigen.

Jena den 27. April 1810.

G. [250]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An Johann Heinrich Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7CDC-B