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An Friedrich Schiller

Das Wetter fährt fort von der Art zu seyn, daß es Sie wohl nicht reizen kann. In diesen Tagen habe ich den Eingang zu unserer Preisertheilung geschrieben und den Schluß dazu schematisirt, ich muß nun abwarten wie er zu Ihrer und Meyers Arbeit paßt.

Wenn ich Mittwoch Abends Meyers letzte Hälfte und Ihr Ganzes erhalten könnte so wär ich freylich sehr gefördert, denn ich wünschte nicht eher wegzugehen bis alles ein Ganzes ist. In Weimar gelingt mir so etwas nicht, ich weiß es schon; denn ich brauche fast mehr Sammlung zum rhetorischen als poetischen.

Es fiel mir ein daß ich noch einen Aufsatz von Humboldt über den Trimeter habe. Leider haue ich ihn, als er abgeschrieben war, nicht corrigirt, es kommen daher einige mir wenigstens unheilbare Schreibefehler darinn vor. Auch liegt ein Theil seines Agamemnons [123] bey, beydes wird einigermaßen Ihren Wünschen entgegen kommen.

Wenn ich übrigens mit Niethammer und Friedrich Schlegel transscendentalen Idealism, mit Rittern höhere Physik spreche; so können Sie denken, daß die Poesie sich beynahe verdrängt sieht, doch läßt sich hoffen daß sie wieder zurück kehren werde.

Übrigens mag ich nun nach Hause gehen wenn ich will, so habe ich meine vier Wochen nützlich zugebracht und finde mich von allen Seiten gefördert. Manches habe ich nun zu verarbeiten, und wenn ich diesen Winter noch einen Monat hier zubringen kann, so wird es in mehr als Einem Sinne gut stehen. Leben Sie wohl, gedenken mein und seyn Sie auf Ihre Weise fleißig.

Jena am 30. Sept. 1800.

G.


Ich lege noch vorjährige Bemerkungen über den Macbeth bey, die ich zum Theil noch erst werde commentiren müssen, haben Sie solche bey sich auf oder geben sie Beckern.

Eben wollte ich meine Depesche schließen, als zu meiner größten Freude Ihr Aufsatz anlangt. Ich habe ihn geschwind gelesen und finde ihn so schön, gut und zweckmäßig, als Sie es selbst nicht wissen. Es fiel mir dabey ein: daß jede Partey in Venedig zwey Advokaten von verschiednem Charakter beym [124] Plaidiren der Prozesse aufstellt, einen der den Vortrag macht und einen anderen der concludirt.

Aus unserm Dreyklang soll diesmal etwas recht artiges entstehen. Meine Peroration, die Sie mir zum Theil weggenommen haben, will ich nun zu der Einleitung schlagen und was mir ja noch übrig bliebe zu der Preisaufgabe aufs folgende Jahr, wo sich auch noch mancherley sagen läßt. Doch das wird sich alles erst finden, wenn ich Meyers Recension habe auf die ich morgen hoffe. Die Einheit in der Verschiedenheit der drey Töne wird sich recht gut ausnehmen. Ich danke Ihnen tausendmal für guten Beystand. Ich wollte auch die Motive classificiren, ich fürchtete aber, schon bey Durchsicht meines Schemas, daß ich ins Trockne fallen könnte. Bey Ihnen ist nun alles in Fluß.

Leben Sie recht wohl, und schenken Sie doch auch der flüchtigen Skizze einen Blick, die ich Meyern über die verschiedene Lage der Kunst in Deutschland zuschickte.

G.


Bemerkungen zu Macbeth.


1. Versuch die Stimmen der Hexen unkenntlicher zu machen.

2. Ihre symmetrische Stellung zu nüanciren.

3. Ihnen einige Bewegung zu geben.

4. Wo es nöthig, längere Kleider um den Kothurn zu bedecken.

[125] 5. Donalbains Schwerdt muß neuer aussehen.

6. Rosse und der König müssen andere Abgänge arrangiren.

7. Macbeth und Banko, wenn sie mit den Hexen sprechen, treten mehr gegen das Proscenium. Die Hexen treten näher zusammen.

8. Lady Macbeth spricht nicht rückwärts im ersten Monolog.

9. Fleance muß einen andern Leuchter haben.

10. Gebt mir mein Schwert. Zweifel über diese Stelle des Banko.

11. Nicht so starr.

12. Eine tiefere Glocke ist anzuschaffen.

13. Macbeth sollte als König prächtiger erscheinen.

14. Die Tafel sollte nicht so modern besetzt seyn.

15. Der Mittelaufsatz müßte verguldet seyn um gegen das Gespenst besser abzustechen.

16. Die Lichter sind gerad zu stecken und müssen stärkere Lichter genommen werden.

17. Bankos Gesicht ist blässer zu machen.

18. Es ist für Stühle zu sorgen die nicht fallen.

19. Ein großer Helm ist zu machen.

20. Die Kinder müssen weiter heraus aus dem Kessel; sie sind zu maskiren und auffallender zu decoriren. NB. Die Schatten langsamer und die Gestalten im Charakter mehr abgeändert.

21. Nach der Hexenscene sollte etwas Musik seyn ehe Malkolm und Macduff eintreten.

[126] 22. Fragen ob man nicht einen Monolog von Malkolm sollte vorausgehen lassen in welchem er die Sorge von Verrätherey ausdruckt. Ich weiß nicht woran es lag, aber der Effect dieser Scene ging mir ganz verloren.

23. Macduffs Gebärden da er den Tod der Seinigen erfährt.

24. Eylenstein als Arzt muß nicht so gebückt sitzen und nicht so sehr in sich reden.

25. Arrangement und Wandeln in dieser Scene.

26. Mannigfaltigere Motive des Gefechts.

27. Stärkere Klingen für die Hauptfechtenden.

28. Sollte man nicht die Rolle des jungen Seiwards einer andern Person zu geben suchen. Dem. Caspers wird an dieser Stelle auch noch für Donalbain gehalten.

[127]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1800. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7EED-F