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An Friedrich Heinrich Jacobi

W. d. 17. Apr. 93.

Gestern frühe ist Max bey mir angelangt müde genug und mit einem vom Stiefel gedrückten Fuße. Für das erste Bedürfniß ist ihm ein Canapee, und für das letztere Übel ein Kräutersäckchen zu Hülfe gekommen und heute ist er schon nach seiner Art ganz munter, ich habe den Lecktionskatalogus mit ihm durchgegangen und seine Stunden vorläufig ausgezeichnet ihn mit einigen Büchern versorgt, so mag er sich ausruhen und sich dann hier umsehen. Ist mirs möglich so bringe ich ihn selbst nach Jena, wo nicht, soll er in gute Hände geliefert werden.

Denn ich bin schon wieder reisefertig und werde wenn sich Maynz nicht kurz resolvirt, der Blokade oder Belagerung beywohnen. Gegen Ende dieses Monats gehe ich hier ab. Hast du was an Max so schreibe ihm unter seiner Adresse, bey mir abzugeben. An mich schreibst du nun am sichersten nach Franckfurt.

Ich bin im Packen eines Kästchens begriffen das wahrscheinlich Montags mit dem Postwagen abgeht. Es enthält wunderbare Dinge, nichts weniger als die Welt in triplo, eine unbekannte Monatsschrift welche vor zwölf Jahren ausgegeben wurde, das A. B. C. und A. B. A. B. der neuen Farbenlehre aufs Colorit angewandt, Bildniße berühmter Männer, Muster von [51] unterirdischen Schätzen und s.w. wie solches alles zu großer Verwunderung der Pempelforter Bewohner nächstens ausgepackt werden wird. Es liegt auch etwas für die Fürstinn Gallizin bey.

Daß ihr aber zu meiner Aufführung in Münster solche sonderbare Gesichter schneidet, daran erkenne ich die losen Weltkinder die sich formalisiren wenn sich unser einer einmal in puris naturalibus seiner angebohrnen Tugend sehen läßt, oder nach dem schönen Gleichniße der Kirchenmutter Lehnchen die rechte Seite der gewirckten Tapete an einem Festtage herauskehrt. Ihr werdet also künftig von eurem Unglauben und bösen Leumund ablassen, und Gott in seinen Geschöpfen die gebührende Ehre erzeigen.

Wie sehr ich dir und allen Freunden und Verwandten über dem Rhein zu der Entfernung der Toll-Francken Glück wünsche kannst du dencken. Ich dancke dir für die Nachrichten die du mir von Zeit zu Zeit sendest, und wenn ich nicht oft schreibe, so weißt du wie es sich mit mir verhält. Der guten Herdern ist auch so ein Brief überständig geworden weil der Gemahl zu schreiben unterließ.

Aus deinem Sohne Georg wird also dem Ansehn nach ein kleiner Despote werden. Ich freue mich daß er bald in solche Verhältniße kommt. Der Herzog wird ihm gerne einen Titel geben, nur schreibe mir gelegentlich ob es gerade Regierungs-Rath seyn muß. Man hat ihn hier niemals als blosen Titel gegeben [52] und stellt sich vor daß er mit einer Wircklichkeit verknüpft seyn müsse, ob ich gleich gern gestehe nicht einzusehn warum die Regierung allein Ansprüche an Realität zu machen hat, da wir Cammer, Justiz, Hof, Land, Commerzienräthe haben denen es an aller und jeder Wirklichkeit ermangelt.

Wegen des Papiers sollst du zunächst Nachricht haben. Es ist Schweizerpapier, wir ziehen es von Leipzig, ihr werdet es besser von Basel oder Franckfurt nehmen.

Lebe wohl und grüße alles zum Besten und schönsten. Dohms empfiel mich zum Besten.

Von Franckfurt hörst du was von mir.

Frau von Guttenhofen bitte mit den schönsten Empfehlungen zu sagen daß ich Frau v. Ferette (so hört sich wenigstens der Nahme) hier einige Tage zu sehen das Glück gehabt, in deren Gesselschaft sich ihr Herr Sohn befunden.

Nun sey mir nochmals gegrüßt. Vielleicht noch ein Wort ehe ich von hier abgehe. Liebe mich und gedencke mein in dem deinigen.

G.


Inhalt dieser Sendung.

1. Ein Packet an Prinzess Galizin zu gefälliger weiterer Besorgung.

2. Die Welt in triplo für den billigen Preis von 4 rh. 20 gr. Sächsisch courant. wird in Rechnung gestellt.

[53] 3. Das Journal von Tiefurth, ist zwar nachher sehr geplündert worden, es finden sich aber noch allerley Originalspäße drin zu beliebiger Beherzigung.

4. Abelard und Eloise.

5. Eine Rolle. Darauf ein einzelner Wieland für Ew. Liebden. Ein Wieland und Goethe an Herrn Hofr. Apel mit der besten Empfehlung.

6. Drey farbige Zeichnungen, welche, weil sie eine weitläufige Auslegung erforderten, gar nicht ausgelegt werden. Die Absicht ist daß sie mögen wunderlich und lieblich anzuschauen seyn. Werden vor dem Sonnenlicht verwahrt.

7. Drey Blätter Aquatinta, eine alte Vase, welche Durchl. die Herzoginn Mutter besitzt, vorstellend. Merckwürdig weil es die erste Vase ist die ganz genau in Kupfer gebracht worden, so daß man die Art und Weise des Alten Kunstwercks, die Tugenden und Mängel desselben, als sähe man das Original, daran unterscheiden kann. Wird mit einem Commentar bald ausgegeben.

8. Ein paar Silberkörner aus dem Ilmenauer Wercke zu Erneuerung des gewerckschaftlichen Zutrauens.

9. Ein Stahlsiegel worauf die Medusa Strozzi kopirt. Herrn Grafen Nesselrode mit Empfehlung meines Andenckens zu überreichen.

[54]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1793. An Friedrich Heinrich Jacobi. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-80CB-C