[128] 9/2757.

An Johann Friedrich Reichardt

W. d. 15. Juni 1789.

Für Ihren Besuch wie für Ihre Briefe, dancke ich Ihnen später, aber nicht minder aus gutem Herzen und wünsche zur bevorstehenden Aufführung Claudinens das beste Glück. Daß Sie meine Jamben vor der [128] prosaischen Fäulniß verwahrt haben, ist mir sehr angenehm. Ich möchte wissen wie sich diese Art Kunstverständige die Kunst vorstellen. Empfehlen Sie den Dialog desto mehr den Ackteurs, besonders den Actricen. Sie sollen so artig seyn und besonders in der ersten Scene und in der Scene mit Rugantino recht sich angreifen. Wenn Sie es am Platz finden; so geben Sie Claudinen in meinem einen recht schönen Kranz von künstlichen Blumen, den sie in der ersten Scene aufsetzt und Lucinden ein recht Juncker mäsiges Porteepee von breitem Band, wie es zu ihrer Kleidung im letzten Ackte paßt; so eine Kleinigkeit thut manchmal wohl und vermehrt den guten Willen. Ich will Ihnen gern die Auslage ersetzen, oder sonst wieder dienstlich seyn.

Rath Krause führt die Gerüste nach meinen Entwürfen aus, ich hoffe sie noch diese Woche abzuschicken. Wenn nur der Dekorateur sie schicklich zu placiren weiß. Sonst habe ich abwesend nichts zu erinnern. Besonders da Sie auf die Kleidungen schon aufmercksam sind. Nur aber und abermal empfehle ich Ihnen die Jamben.

Tasso ist nun in der letzten Revision und geht sogleich in den Druck über. Ich freue mich daß er Ihnen und Ihrer Gatinn ein paar gute Stunden machen wird.

Zu Schulzens Athalie hab ich Worte untergelegt, das heißt zu den ausgezeichneten Chören. Nach und[129] nach thu ich wohl zum Ganzen. Cramers Unverstand geht über alle Begriffe. Es ist sonderbar daß die Deutschen mit mancherley Kräften und Talenten so wenig Gefühl vom Gehörigen in den Künsten haben.

Leben Sie recht wohl und fleißig, biß wir uns wieder sehen.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1789. An Johann Friedrich Reichardt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-81EC-B