15/4211.

An Johann Gottfried Steinhäuser

Ew. Hochedelgeboren

haben mir, durch die baldige Übersendung eines elastischen Hufeisens, ein besonderes Vergnügen gemacht; denn es ist immer eine angenehme Empfindung eine Idee, die man gefaßt hat, einigermaßen realisirt zu sehen.

Wenn ein armirter Magnet, oder ein gewöhnliches Hufeisen, durch den unten quer vorgelegten Stab, als in sich selbst abgeschlossen anzusehen ist, wenn man diesen Apparat nunmehr als einen physischen Ring[35] betrachten kann, welcher, verhältnißmäßig, nur durch starke Kraft zerrissen wird, so sollten die Enden der beyden Schenkel des elastischen Hufeisens weniger tragen, wenn man sie zusammendrückt, als wenn sie offen stehn. Denn in jenem Fall wird der physisch verlangte Ring schon mechanisch geschlossen und das Streben der beyden Pole gegeneinander, durch welches der vorgelegte kleine eiserne Stab, als ein Vermittler, so fest mit beyden verbunden wird, ist, durch die Operation des Zusammendrückens, schon bis auf einen gewissen Grad befriedigt.

Solches Resultat geben auch die flüchtigen Versuche, die ich bisher anstellen konnte. Das zusammengedruckte Hufeisen trägt nicht die Hälfte dessen, was es aufgesperrt tragen kann. Der Bezug beyder Pole auf sich selbst ist befriedigt, nur dauert die Wirkung nach außen, wie bey anderen magnetischen Erscheinungen geschieht, auch noch in diesem Falle fort.

Vielleicht hätten Sie nunmehr die Gefälligkeit, ein größeres dergleichen Hufeisen fertigen zu lassen?

Wenn man es auch nur so weit brächte, daß die beyden Pole, indem man sie an einander druckt, sich festhielten! Welches doch in so fern möglich scheint, als die magnetische Kraft sich beym Contact am stärksten äußerst.

Wollten Sie mir indessen sechs Stäbe, mit einander verbunden, daß sie die Stelle eines großen Hufeisens vertreten und sich auch einzeln als Stäbe [36] gebrauchen lassen, zusammen vier Pfund schwer, übersenden. Ich würde den Betrag dafür sogleich entrichten, wie ich hier die 2 Thlr. für das elastische Hufeisen beylege.

Ihre Abhandlungen über die Fossilien, die einer dauerhaften magnetischen Kraft fähig sind, habe ich zu meiner Belehrung wiederholt gelesen. Ich bitte mir die Erlaubniß aus, auch künftighin über diese Materie mir bey Ihnen Raths zu erholen.

Der ich recht wohl zu leben wünsche und Ew. Hochedelgeboren meiner besondern Hochachtung versichre.

Weimar, am 10. März 1800.

J. W. v. Goethe.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Rechtsinhaber*in
TextGrid

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1800. An Johann Gottfried Steinhäuser. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-828A-E