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An Christiane von Goethe

Mit den heutigen Boten kann ich dir, mein liebes Kind, versichern, daß es mir verhältnißmäßig ganz leidlich geht. Ich bin schon wieder spazieren gegangen und befinde mich auf dem Cabinet, wo man einheizen kann, gar vergnüglich. Major von Knebel und Hendrich sind den ganzen Tag wechselsweise in meiner Nähe. Die gegenwärtigen Zeitläufte geben viel zu sprechen, und wenn ich auch nicht viel zu sagen habe, so habe ich doch viel zu hören. In meinen Geschäften und Arbeiten hole ich das Versäumte nach und will mich einrichten eine Zeitlang hier zu bleiben, weil ich, ohngeachtet mancher Unbequemlichkeit, doch hier eine Gemüthsruhe habe, zu der ich in Weimar nicht kommen kann. Ich bin noch nirgends hingekommen. Die gute Knebel hat ihr Zahneinsetzen zu lustig genommen, weil es immer eine Art von Wunde oder Inoculation ist, wie man will. Sie hat einen Fluß bekommen in das Gesicht, an den ganzen Kopf, woran sie viel gelitten hat.

Die Freundinnen aus der Nachbarschaft haben mir indessen sehr köstlichen Spargel und gute Prunellen[322] zugesendet, und ich hoffe, es soll von nun an recht gut gehen. Herr Geh. Hofrath Starke besucht mich täglich und nimmt sich meiner mit vieler Sorgfalt an.

Ich schicke dir einen Kasten mit schönen Äpfeln. Die oben aufgebundenen Pflanzen laß in den Rabatten vertheilen und an Stäbchen anbinden. Sonst wüßte ich nichts zu sagen, als daß ich dir wohl zu leben wünsche und wünsche, etwas ausführliches von dir zu hören. Von den Äpfeln wirst du mit meinen schönsten Grüßen etwas in der Nachbarschaft abgeben.

Jena den 2. May 1809.

G.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1809. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-82F0-8