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An Johann Friedrich Rochlitz
Das vertrauen womit ich mir ein Urtheil über mein Neuestes von Ihnen erbat ist durch Ihren liebenswürdigen Brief gar schön belohnt worden; ich [133] dancke Ihnen dafür auf das herzlichste. Billig ist es wohl daß die Freunde des Schönen und Guten mir ein tröstliches Wort über diese Producktion sagen, die wenigstens ein fortgesetztes redliches Streben andeutet und die mich in manchen Sinne theuer zu stehen kommt; ja, wenn ich die Umstände bedencke unter denen das Werckchen fertig geworden; so scheint es mir ein Wunder daß es auf dem Papier steht.
Seitdem es abgedruckt ist habe ich es nicht in der Folge gelesen, eine solche Prüfung pflege ich gewöhnlich zu verspäten. Ein gedrucktes Werck gleicht einem aufgetrockneten Fresko Gemälde an dem sich nichts mehr thun läßt. Soviel es mir noch im Sinne schwebt und wie es sich mir durch Ihre Bemerckungen vergegenwärtigt, möchte ich wohl noch einige Schraffuren anbringen der Verknüpfung und Harmonie willen. Weil aber das nicht angeht; so tröste ich mich damit daß der gewöhnliche Leser dergleichen Mängel nicht gewahr wird, und der Kunstgebildete, eben indem er die Forderungen macht, für sich selbst das Werck ergänzt und vollendet.
Daß Sie ein solcher Leser und Schauer sind wußt ich wohl und erfahre es auch diesmal. Haben Sie doppelten Danck für die Theilnahme und für die Mittheilung; haben Sie dreyfachen daß Sie es in einer Zeit thun in welcher mancher andre, mit Fug und Recht, seinen Freunden schwiege und sich mit seinem Eigenen Glück beschäftigte. Möge das Gute [134] das Ihnen bereit ist so klar zu Ihnen treten als Sie Welt und Kunst erblicken und so beständig bey Ihnen verweilen als Sie Ihren Freunden zuverlässig sind. Meines fortdauernden Antheils bleiben Sie gewiß.
Weimar d. 15. Nov. 1809.
Goethe.