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An Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling

Weimar, den 31. October 18006.

Indem ich Ihren so herzlich freundlichen Brief erhalte, mache ich mir Vorwürfe, daß ich mehrere Blätter nicht abschickt, die schon seit dem 16. auf meinem Tische liegen und davon auch eins nach München sollte. Das was geschehen ist, war leider ziemlich vorauszusehen; doch hatten wir nicht die stolze Furcht, einen Namen in der Weltgeschichte um solchen Preis zu gewinnen. Nun eil' ich, Ihnen, mit lebhaften Dank für Ihren treuen Antheil, von mir, meiner Umgebung und was mich sonst mittelbar berührt, gute Nachrichten zu geben. Die schrecklich dringenden Ereignisse waren durch ahndungsvolle Tage vorbereitet. Zwey und siebzig Stunden von Gefahr und Noth können wir ohne Übertreibung angeben. Den Aufwand an Geistes- und Körperkräften, an Geld und Vorräthen verschmerzt man gern, weil doch so vieles und darunter das wertheste erhalten ist.

[222] Meine Gesundheit hat kaum gewankt, und ich befinde mich seit meiner Rückkehr von Carlsbad unausgesetzt so wohl, als Weimar, der gute Schelver sehr viel, Frommanns und andere Freunde sind glücklich durchgekommen. Was von Wissenschafts- und Kunstanstalten in Jena und Weimar unmittelbar unter mir selbst steht, hat wenig gelitten. Jedermann sucht sich herzustellen. Die Collegia gehen den 3. November wieder an, und wenn der ungeheure Kriegsstrom uns nicht zum zweytenmal berührt, so sollen Sie bald hören, daß Leben und Thätigkeit bey uns noch nicht erloschen sind. Herzliche Grüße an Jacobi's, an die Ihrige und an alle mein Gedenkende.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1806. An Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8542-B