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An Johann Heinrich Meyer

[Concept.]

Durch Schaller will ich Ihnen wenigstens ein vorläufig-freundliches Lebenszeichen geboten haben. Möge er Sie wieder glücklich zu uns zurückbringen. Im Ganzen finden Sie alles an der alten Stelle. Der Tod des Großfürsten Constantin hat übrigens in Belvedere trübe Tage verursacht, welche durch die Gegenwart Ihro Majestät des Königs von Württemberg glücklicher Weise erheitert wurden.

Preller hat den Entwurf seines Bildes, in der Größe wie es werden soll, auf Papier recht wacker hingestellt. Die wüste Gegend hat er durch eine sehr gut gedachte Staffage belebt und man kann mit dem Ganzen wohl zufrieden seyn. Möge es Ihnen und sodann unsrer theuren Fürstin auch in diesem Sinne erfreulich seyn.

Wundersam bleibt es immer wie sich der von allem absonderne, theils revolutionäre, theils einsiedlerische Egoismus durch lebendigen Thätigkeit aller Art hindurchzieht.

[10] Den meinen, will ich nur bekennen, hab ich in's Innerste der Production zurückgezogen und den, nun mehr seit vollen vier Jahren, wieder ernstlich aufgenommen zweyten Theil des Faust in sich selbst arrangirt, bedeutende Zwischenlücken ausgefüllt und vom Ende herein, vom Anfang zum Ende das Vorhandene zusammengeschlossen. Dabey hoffe ich, es soll mir geglückt [seyn], alle den Unterschied des Früheren und Späten ausgelöscht zu haben. Und so ist nun ein schwerer Stein über den Bergesgipfel auf die andere Seite hinabgewälzt. Gleich liegen aber wieder andere hinter mir, die auch wieder gefördert seyn wollten; damit erfüllt werde, was geschrieben steht: »Solche Mühe hat Gott den Menschen gegeben.«

Ihro Majestät der König von Württemberg haben mir die Gnade erzeigt, wohl anderthalb Stunden bey mir zu verweilen. Glücklicher Weise hatte ich heitern Sinn und einen gewissen Grad von Offenheit, so daß derselbe sich scheint gefallen zu haben. Es ist immer als eine Gabe des Augenblicks anzusehen, zwischen Bedächtigkeit und Freymüthigkeit behaglich durchzuschiffen.

Unsre liebe Hoheit hab ich freylich in diesen Trauertagen nicht wieder gesehen. Möge sie sich bald in dem Zustand fühlen, sich ihren Verehrten wieder wieder mitzutheilen.

Ihre Brieflein, mein Theuerster, hab ich zur rechten Zeit und Stunde wohl erhalten und freue [11] mich auf das Nähere, was Sie mir von dort zu erzählen haben.

In meinen Naturstudien bin ich auf eine wundersame Weise gefördert worden; man mag es zufällig heißen, indessen wenn man folgerecht in einem Studium fortfährt, so schließt sich das äußere Lebendige zum Innern und verwächs't zusammen.

Hiemit also wiederholten treusten Wunsch zur glücklichen Reise und frohem Wiedersehen.

Weimar den 20. Juli 1831.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1831. An Johann Heinrich Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-86B0-9