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An Johann Heinrich Lips

Ich hoffe mein lieber Herr Lips daß die bestellten Masken Plättchen, wenn dieser Brief anlangt, schon werden abgegangen, vielleicht auch schon in unsern Händen seyn, gegenwärtig schreibe ich Ihnen wegen einer Angelegenheit die Sie näher angeht. Ich werde veranlaßt Sie einzuladen ob Sie nicht zu uns ziehen wollen? Ich kenn ihre Lage nicht, weiß nicht Ihre Plane noch Ihre Aussichten, ich setze also meinen Antrag pure hin, Sie werden ihn überlegen, allenfalls nähere Erleuterung verlangen und Sich entschließen.

Wir sind hier in Absicht auf Buchhändlerische Entreprisen, die in Deutschland gemacht werden, gleichsam im Mittelpunckt. Leipzig ist nahe, Gotha näher und Die Betriebsamkeit einiger Gelehrten und Künstler, die weite Würckung der Literatur Zeitung zu Jena und andre Vortheile setzen uns in den Stand manches zu unternehmen und an manchem Theil zu nehmen, wäre ein geschickter Kupferstecher hier am Orte; so könnte noch manches mehr geschehen. Freylich kann Ihnen die Aussicht nicht ganz reizend seyn, sich dem Buchhandel und seinen Entreprisen zu subordoniren, allein es käme darauf an ob nicht Ihre Lage so werden könnte, daß Sie zu eignen Arbeiten noch Raum und Zeit übrig behielten.

[97] Vorerst also soll ich Ihnen 150 rh. jährlich anbieten, welche Durchl. der Herzog zahlen, wogegen nichts von Ihnen gefordert wird, als daß Sie einigen jungen Leuten, welche bißher sich im Kupferstechen ein wenig geübt haben und denen die sich in der Folge auf diese Kunst zu legen Lust hätten Anleitung gäben und überhaupt unsrer Zeichenschule nützlich zu seyn, mit bedacht wäre, welches aber mit größter Schonung der Zeit geschehen kann. Für die 150 rh. können Sie bey uns Quartier und Tisch bestreiten und diese Summe wäre also der Grund der Haußhaltung anzusehen. Herr Legations Rath Bertuch versichert mir ferner: daß er gleich auf einige Jahre Ihnen auf 500 rh. Bestellungen verschaffen wolle. Welche sich in der Folge eher vermehren als vermindern würden. Chodowieky wird alt und schwach. Schon jetzt wird manches sich ehe an Sie und in der Folge sich alles an Sie wenden. Nun müßte man gleich sich so hoch als möglich im Preise setzen, um mit weniger Arbeit viel zu gewinnen und seine Zeit alsdann nach Eingebungen des eignen Genius gebrauchen zu können. Und nach meiner Kenntniß der Lage sollte ich dencken es müßte bald gehen. Sie kommen in einen Zirckel, der die ganze Buchhändlerische und Kunstlage von Deutschland übersieht und darauf würckt, man wird Ihnen auch übrigens alles zu erleichtern suchen. Ferner haben Sie Dresden in der Nähe, Berlin, Cassel, Gotha, wo mehr oder weniger [98] Kunstschätze aufbewahrt werden und hier am Orte finden Sie eine Lebensart und Umgang wie sie einem denckenden und freygebohrner Künstlergemäß sind.

Vielleicht unternehmen wir einmal zusammen ein ernsteres Werck; ich habe viele Ideen die nach und nach reif werden.

Die jungen Leute welche Sie bilden helfen, können nachher die untersten und mittleren Bestellungen, unter Ihrer Anleitung arbeiten und Sie dadurch auch andern in weitem Kreiße als gewöhnlich der Künstler findet nützlich zu werden. Wie sehr ich persönlich wünsche Ihnen bey dieser Gelegenheit zu zeigen wie ich Ihren Charakter und Ihr Talent schätze brauche ich nicht hinzuzufügen. Leben Sie wohl und antworten mir bald. Wenn Sie nicht abgeneigt sind; so wird auf der nächsten Leipziger Messe schon präludirt. W. d. 23. März 89.

G.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1789. An Johann Heinrich Lips. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-86B2-5