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An Friedrich Schiller
Sie werden, mein Lieber, noch manchmal in diesen Tagen zur Geduld gegen mich aufgefordert werden, denn jetzt, da die Zeit herbeykommt in welcher ich abreisen sollte, fühle ich nur zu sehr was ich verliere, indem mir eine so nahe Hoffnung aufgeschoben wird, welches in meinem Alter so gut als vernichtet heißt. Was ich noch von Cultur bedarf konnte ich nur auf jenem Wege finden, was ich vermag konnte ich nur auf jene Weise nützen und anwenden, und ich war sicher in unsern engen Bezirk einen großen Schatz zurückzubringen, bey welchem wir uns der Zeit, die ich entfernt von Ihnen zugebracht hätte, künftig doppelt erfreut haben würden. Des guten Meyers Beobachtung schmerzen mich, er hat selbst nur den halben Genuß davon, wenn sie für mich nur Worte bleiben [151] sollen, und daß ich jetzt keine Arbeit vor mir sehe die mich beleben und erheben könnte, macht mich auch verdrießlich. Eine große Reife und viele von allen Seiten zubringende Gegenstände waren mir nöthiger als jemals; ich mag es indessen nehmen wie ich will, so wäre es thöricht gegenwärtig auszubrechen, und wir müssen uns also drinn finden.
Ich hoffe Sie bald zu besuchen und es freut mich, daß Sie sich einen Weg ausgedacht haben, wie wir den Spaß mit den Xenien nicht verlieren. Ich glaube es ist der ganz richtige, und der Kalender behält seine vorige Form und zeichnet sich vor allen andern durch Vorspiel und Nachspiel aus, er wird nicht bunt durch Vermischung heterogener Dichtungsarten, und wird doch so mannigfaltig als möglich. Wer weiß was uns einfällt um übers Jahr wieder aus eine ähnliche Weise zu interessiren. Von allem übrigen sage ich heute nichts. Leben Sie recht wohl. Grüßen Sie Ihre liebe Frau, ich wünsche Sie mit den Ihrigen wohl und vergnügt anzutreffen. Weimar den 2. August 1796.
G.