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An Friedrich Schiller

Ich habe zwey Briefe von Meyer erhalten die mich sehr beruhigen, er hat sich mit einem Landsmanne nach Florenz zurückgezogen und ist lustig und guter Dinge, recensirt schon die Arbeiten des Cellini und ist unglaublich erbaut von den Arbeiten der ältern Florentiner.

Hierbey ein Briefchen das ich niemand zu zeigen bitte, wenn ich etwas weiter erfahre, so theile ich es mit. Frankfurt hat doch mehr gelitten als wahrscheinlich war.

Am Roman wird fleißig abgeschrieben. Künftigen Mittwoch hoffe ich die größte Hälfte zu überschicken. Es ist recht gut, daß ich so weit bin, und köstlich, daß Sie mir in der Beurtheilung beystehn. In den jetzigen Augenblicken möchte die nöthige Sammlung und Conzentration kaum möglich seyn.

Leben Sie recht wohl. Weimar d. 22. Jul. 96.

G.


[132] Den 23. Juli.

Hier noch einige Nachrichten:

Chursachsen macht Anstalten zu einem Cordon.

Die Franzosen haben die Österreicher bey Gemünden repoussirt und waren also nur noch 5 Meilen von Würzburg. Wahrscheinlich sind sie dort schon angelangt und finden erstaunliche Magazine und gerettete Schätze.

Nach allen Nachrichten gehen die Sächsischen Contingenter zurück. Die Österreicher gehen hinter die Donau, Würzburg muß 12000 Pferde stellen um sie retro zu spediren.

Würtenberg macht Friede und hat schon Waffenstillstand. Manheim soll so gut wie verloren seyn. Der Kaiserliche Hof läßt 30000 Mann aus Böhmen und Galizien kommen.

Frankfurt hat 174 Häuser verloren, zahlt acht Millionen Livres Geld, 1 1/2 Millionen Tuch und Zeug und eine Menge Livres, davor soll kein Einwohner ohne Urtheil und Recht mortificirt werden.

So lauten ohngefähr die tröstlichen Nachrichten von verschiedenen Orten und Enden. Das Schicksal unserer Gegenden beruht bloß darauf: ob es möglich seyn wird Zeit zu gewinnen? Einem ersten Anlauf und einer Streiferey wird man allenfalls widerstehen können. Daß der König von Preußen in Pyrmont und also doch die letzte Instanz bey der Hand ist, daß ihm [133] und dem Landgrafen von Hessen selbst viel daran gelegen seyn muß einen Frieden für Chursachsen zu vermitteln, daß die Franzosen genug zu thun haben den Österreichern durch Franken, Schwaben und Baiern nach Böhmen zu folgen und sie aus ihrem eignen Grund und Boden zu bezwingen, das zusammen läßt uns einige Hoffnung schöpfen, wenn nicht diese, wie so viele andere, zu nichte wird.

Von meiner Mutter habe ich noch keine Nachricht, sie wohnt auf dem großen Platz wo die Hauptwache steht und sieht gerade die Zeil hinauf, sie hat also den ganzen Halbkreis der Stadt der bombardirt wurde vor ihren Augen gehabt.

Ich habe indessen fortgefahren meine Tonne zu wälzen. Wie die Abschrift des Romans vorrückt habe ich die verschiedenen desiderata zu erledigen gesucht, mit welchem Glück werden Sie beurtheilen. Leben Sie recht wohl. Die Nachricht vom Coadjutor ist nicht wahrscheinlich, er hatte Raum und Zeit genug sich nach Ulm zurück zu ziehen, sogar das Condeische Corps, das in Freyburg stand, scheint sich gerettet zu haben. Was ich weiter vernehme erfahren Sie auch.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1796. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-882C-7