31/199.

An August von Goethe

[23. Juni 1819.]

Da ich vermuthen kann, daß dich dieses Brieflein noch in Dresden finden werde, so lass' ich es abgehen, und vermelde zu allenfallsiger Beruhigung, daß Herr Staatsminister von Gersdorff deinen Urlaub freundlich auf acht Tage verlängert hat. Es kommt nun darauf an wie du es halten willst, besonders wegen Leipzig, ob du nämlich deine Zeit in Dresden zubringen und alsdann hieher eilen, oder ob du in Leipzig dich ein paar Tage aufhalten willst. Rochlitz ist sehr krank, [200] doch würdest du von Küstnern wohl empfangen seyn. Freges müßtest du freilich auch besuchen. Ob euch das alles aber frommt, wegen ein paar Theatervorstellungen, will ich nicht untersuchen, das ist ganz eure Sache.

Eure letzten Briefblätter, abgeschlossen den 10. Juny, sind glücklich angekommen. Sowohl von deinen als Ottiliens Meldungen sind Auszüge nach Wilhelmsthal gegangen. Ein freundlicher Brief vom Grafen Gneisenau hat mir viel Vergnügen gemacht; Ottilie soll deshalb wie wegen der übrigen Blätter gelobt deyn. Heute den 22. ist bey und sehr schlechtes Wetter, möge es sich nicht bis zu euch verbreiten. Wahrscheinlich besuchst du die Johannes [*Loge] in Dresden, deren Einrichtung und Anstalt ich zu vernehmen neugierig bin.

Vieles hast du gesehen und guten Bericht erstattet, es ist mir lieb daß du dich einmal an den Gegenständen so tüchtig durchprüfst, du wirst wenig finden was du nicht zurecht legen könntest.

Wir leben sehr stille fort; das Kind erheitert auch die trüben Tage. Sein größter Spaß sind jetzt die Schlüssel und am Schloßblech damit herum zu fahren. Meyer kommt die Abende fleißig, alles Übrige fast ist verschwunden. Herr von Stein aus Breslau besucht uns, erwartet aber schwerlich deine Wiederkunft.

Sehr schönes Geschenk an Mineralien ist eingelangt, das einige starke Lücken unserer Sammlung ausfüllt, sonst begegnen uns noch allerley Gutes so daß wir [201] und keineswegs zu beklagen haben. Und so wollen wir denn diese Woche beschließen, euch zu Anfang der nächsten freundlichst erwartend.

Hiezu füge noch daß ein completter, Erstaunen erregender Bärenschädel aus der Muggendorfer Höhle gleichsam als Geschenk angekommen ist, und somit nochmals zum allerschönsten gegrüßt!

So eben kommt zu größter Freude und Erbauung Zelter an. Sehr verwundert, euch noch nicht zu Hause zu finden.

Weimar am längsten Tage 1819.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1819. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8898-2