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An Carl Ferdinand Friedrich von Nagler

Ew. Exzell.

Beeile mich zu melden: daß am 29ten Jenner, dero Schreiben vom 22ten aus Wien und ein gleiches von Herrn von Genz bey mir eingelangt sey; woraus ich denn, zu meinem grösten Vergnügen ersehe daß die für mich so wichtige Angelegenheit die günstigste Wendung genommen.

Einem so einsichtigen Welt- und Menschenkenner wird nicht verborgen seyn: daß die größte Wahrscheinlichkeit der Erfüllung noch immer Zweifel und Sorge zuläßt; Daher denn das Gehoffte, wenn es in die Wircklichkeit eintritt jederzeit überraschen muß.

Diese Betrachtung spricht vollkommen den Zustand aus in welchen mich die gemeldeten Briefe versetzten, und, ohne mich weiter in Gedancken zu verlieren, eile ich nur die lebhaftesten und ihre Verbindlichsten Empfehlungen auszusprechen.

Mein Sohn, dem ich, wie billig, vertraut was wir Ew. Exzellenz Geneigtheit schuldig sind, theilt [104] meine Gefühle, und mir ist es das angenehmste daß ich zwey Generationen unmittelbar vor mir sehe, die sich Ihnen im Höchsten danckbarlich verbunden anerkennen müssen. Ob ich gleich behaupten darf, daß bey mir die Danckbarkeit sich desto inniger konzentrirt als mir weniger Zeit gegönnt seyn möchte sie auf jede Weise an den Tag zu legen.

Nun aber habe sogleich, früheren Bemerckungen und dem Inhalt jener verehrten Schreiben gemäß, eine schuldige Meldung an des Herren Präsidialgesandten Baron v. Münch-Bellinghausen Ex. abgehen lassen; nach Franckfurt am Mayn, als, wie mir schien, auf dem geeigneten Wege. Das Gegenwärtige sende nach Berlin, in der Aussicht es werde, wo und wie es auch sey, am sichersten zu seiner Bestimmung gelangen.

Und so schließe ich denn mit dem geziemenden Wunsche: daß, in dem Falle wenn von meiner Seite etwas zu beobachten, oder mir zu wissen vortheilhaft wäre Ew. Exzell. mich fernerhin mit geneigten Wincken beehren möchten.

In tiefgefühlter Hochachtung und lebenslänglicher danckbarer Anhänglichkeit

Ew. Exzell.

ganz gehorsamster Diener

Weimar d. 4 Februar 1825.

J. W. v. Goethe. [105]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1825. An Carl Ferdinand Friedrich von Nagler. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8ACA-4