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An Ludwig Achim von Armin
Weimar, d. 9. März 1806.
Man erzählt von dem bekannten Sekretär der Königlichen Societät zu London, Oldenburg, er habe nur dadurch seine unendliche Korrespondenz bestreiten können, daß er niemals einen Brief eröffnet als mit der Feder in der Hand und dem Briefblatt zur Antwort vor sich.
Hätte ich diesem guten Beyspiel folgen können, so würde ich bey meinen engern Verhältnissen gar manchem guten Manne geantwortet haben, den ich ohne Nachricht von mir ließ, weil ich zauderte; denn gewiß, man liest keinen Brief zum ersten Mal durch, ohne zur Beantwortung angeregt zu werden.
[113] Also diesmal will ich auf der Stelle für Ihren lieben Brief und für die artige Sendung danken. Es was mir sehr angenehm, durch Ihr Medium die große Stadt zu sehen, und wir haben uns lebhaft über die glückliche Darstellung so mancher wunderlicher Bilder gefreut. Mögen Sie so mancher wunderlicher Bilder gefreut. Mögen Sie mir auch wohl etwas von Ihrer reise durch Mecklenburg sagen; dies ist für mich völlig terra incognita, wo noch mancher wackre und bedeutende Mann wohnen muß.
Wahrscheinlich sende ich meinen August Ostern nach Berlin. Schade, daß er Sie nicht mehr antrifft. Indessen liegen hier ein paar Denkblättchen bey, die sich Ihrem erneuten Stammbuche empfehlen.
Die Eisengüsse sind in den Medaillenschrank gelegt worden, und der Löwenkopf prangt an der alten Thüre ins Speisezimmer, wo Sie ihn hoffentlich noch einmal bewundern sollen.
Allerley chemische Versuche und andere Nachforschungen haben mir mehr Beyspiele jener Farbenerscheinungen der alten Scheibe zugebracht; aber so schön und rein wie auf derselben zeigt sich das Phänomen doch nirgends.
Durch das Wunderhorn haben Sie uns eine so lebhafte und dauernde Freude gemacht, daß es wohl billig ist, nicht dem Urheber allein, sondern auch der Welt ein Zeugniß davon abzulegen, um so mehr da diese nicht so reich an Freuden ist, um reinen Genuß, den man leicht und reichlich haben kann, ent- [114] weder aus Unwissenheit oder aus Vorurtheil zu entbehren. So viel für diesmal mit den besten Wünschen und Grüßen von uns allen.
Goethe.