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An Friedrich Schiller
Ob wir gleich mehr als jemals vom Augenblick abhängen, so hoffe ich doch es soll mich nichts hindern, morgen Abend bey Ihnen zu seyn. Die tabulas votivas bringe ich morgen wieder mit. Ihre Distichen [162] sind außerordentlich schön und sie werden gewiß einen trefflich Effekt machen. Wenn es möglich ist daß die Deutschen begreifen, daß man ein guter tüchtiger Kerl seyn kann, ohne gerade ein Philister und ein Matz zu seyn, so müssen Ihre schönen Sprüche das gute Werk vollbringen, indem die große Verhältnisse der menschlichen Natur mit so viel Adel, Freyheit und Kühnheit dargestellt sind.
Weit entfernt daß ich die Aufnahme gewisser Arbeiten in den Almanach tadle. Denn man sucht dort gesellige Mannigfaltigkeit, Abwechslung des Tons und der Vorstellungsart, man will Masse und Menge haben, der gute Geschmack freut sich zu unterscheiden und der schlechte hat Gelegenheit sich zu bestärken, indem man ihn zum besten hat.
Von so vielem andern mündlich. Ich hoffe wir wollen diesmal wieder zusammen eine gute Strecke vorwärts kommen. Da ich den Roman los bin, so habe ich schon wieder zu tausend andern Dingen Lust.
Leben Sie recht wohl.
Weimar den 17. August 1796.
G.