42/193.

An den Großherzog Carl August

Ew. Königlichen Hoheit

muß freylich zuvörderst die Betrübniß melden welche Herrn Grafen Sternberg und uns alle betroffen hat, [226] daß dieser edle Freund höchst Denenselben hier nicht aufwarten können. Es bedurfte einiger Zeit uns zu erholen und in eine Art von Gleichgewicht zu versetzen.

Höchst Ihro Frau Gemahlin sorgte jedoch alsobald auf das gnädigste für ihn, und er fand sowohl hier als in Belvedere die beste Aufnahme und Unterhaltung; auch war ich beflissen mit allem Naturgeschichtlichen und was mir sonst zu Gebote stand ihm die übrige Zeit angenehm und nützlich vorbeyzuführen.

Indessen habe ich die gnädigsten durch ein günstiges Schreiben vom 10. d. M. erhaltenen Aufträge ungesäumt zu besorgen getrachtet. Das Werk von Villefosse deutsch ist schon 16. Juni nach Altenberg abgegangen, denn, des alten Wortes gedenk: daß der schnell Gebende doppelt gibt, entschloß ich mich, um dasselbe ohne weiteres baldigst fortzuschaffen, das auf der Bibliothek befindliche Exemplar dahin zu verwenden; und ich glaube nicht Tadel zu verdienen daß Höchst Dero Chiffer sich darauf gedruckt findet. Ein wohlwollendes unmittelbares Geschenk wird, wie mich dünkt, hiedurch gar freundlich ausgesprochen.

Ferner habe die naturwissenschaftlichen Hefte, worin ich meiner wunderlichen Tour auf Zinnwalde und Altenberg, und vorzüglich der dabey genossenen Gefälligkeit eines jungen Mannes Friedrich August Schmid dankbarlichst erwähne, sodann ein paar Medaillen beyzulegen für annehmlich erachtet. Das alles war begleitet von einem ausführlichen Briefe, im[227] Sinne der Dankbarkeit, besonders auch gegen ein paar hübsche Kinder, welche Höchst Denenselben den einigermaßen einsamen Curaufenthalt durch ihre Anmuth erheiterten.

Das große Bild steht vorsorglich eingepackt noch im Atelier. Wegen des Transports sind wir noch nicht im Reinen; der gewöhnliche nach Leipzig gehende Fuhrmann will es nicht mitnehmen, die andern können sich nicht entschließen und fordern hohen Preis, doch wird sich solches in wenigen Tagen wohl geben.

Zu melden darf ich denn auch nicht unterlassen daß die Ankunft des Grafen mich bewogen aus dem Garten heraufzuziehen, damit ich ihm jedesmal zur Hand seyn möchte, wozu ich mich um desto eher zu entschließen hatte, als bey fortdauerndem Regen mein dortiger Aufenthalt unzugänglich und ungenießbar geworden. Leider muß ich, bey meinem Glauben an eine gleiche Verbreitung solcher Witterungserscheinungen, vermuthen daß es auch über den Gebirgen eben so erging und für den Curgast unerfreulich aussehen möchte.

Einige Beylagen besagen das Weitere. Nees v. Esenbeck sandte einen Blumischen Brief (A.) nebst den letzten Heften des botanischen Werkes mit 15. Kupfern, welche sämmtlich auf Höchst Ihro Bibliothek abgeliefert worden. Eine gnädige Aufmerksamkeit dagegen wird Blumen gewiß höchlich erfreuen, nicht weniger für die Folge ganz ersprießlich wirken.

[228] Den Schreiber des zweyten Briefes (B.), Ritter v. Kirckhoff in Antwerpen, kennen Ew. Königliche Hoheit persönlich, mir ist er als ein höchst thätiger Vermittler wissenschaftlicher Bestrebungen, besonders aber als Förderer einer ausgebreiteten Correspondenz zwischen allen gelehrten Gesellschaften bekannt geworden; ich bin durch ihn mit Neu-York und Batavia befreundet, ob wir gleich mit jenen fernen Gegenden sobald nicht in thätige Wechselwirkung kommen möchten.

Auf Ihro Königlichen Hoheit gnädigstes Zeugniß, daß meine fünf Bändchen zu einiger Unterhaltung gedient, wodurch ich höchlichst erfreut worden, habe geglaubt unsern werthen Gast mit einer kleinen Reisebibliothek ausstatten zu müssen. Ich wünsche daß auch an ihm beykommende Inschrift sich bewahrheite.

Wie ich denn durchaus gesucht, insofern es glücken wollen, ihn, durch einige Mittags- und Abendgesellschaften, mit hiesigen bedeutenden Männern bekannt zu machen und überhaupt alles gethan was möglich war, besonders bey versetztem Hoflager nach Dornburg, wohin er heute früh nach freundlichsten Abschied abgegangen. Er wird alsdann über Jena und Gera sich weiter verfügen; vielleicht hat er noch das Glück Höchst Dieselben in Töplitz anzutreffen.

Schließlich möge sodann noch ein Auszug aus einem Briefe des Präsidenten Nees v. Esenbeck (C.) Platz finden, der schon einige Zeit bey mir liegt und[229] sich auf eine frühere Anfrage, deren Sich Höchst Dieselben wohl erinnern werden, bezogen hatte.

Allem und jedem gnädige Aufnahme und mir fortdauernde Hulden und Gnaden andringlichst erbittend.

Verehrend

unterthänigst

Weimar den 20. Juni 1827.

J. W. v. Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1827. An den Großherzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8DDB-F