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An Johann Heinrich Meyer

[13. April.]

Nachdem wir uns, mein theurer Freund, nun bald vierzig Tage in der Absonderung befinden, und bereits die guten Folgen dieses einsamen Aufenthaltes verspüren; so ist es Zeit, daß ich mich auch wieder einmal vernehmen lasse, und Ihnen ein Blatt übersende, welches Dank, Nachrichten und Bitten enthalten soll.

Vor allen Dingen also seyn Sie mir schönstens gegrüßt und gelobt für die fortgesetzte technische Beschreibung. Ich brenne vor Ungeduld mich damit bekannt zu machen, und das was ich mir dabey vorgesetzt, auszuführen. Ich hoffe es soll uns zu besonderer Vergnüglichkeit gedeihen.

Sodann lassen Sie mich sagen, daß das sämmtliche Farbenwesen bald von unsren Schultern auf Setzer und Drucker gewälzt ist, welche denn wohl geschwinder als wir damit fertig werden können. Indessen schleppt sich der Druck auf alle Fälle in den May hinüber. Doch wollen wir in diesen letzten Wochen nicht ungeduldig werden.

Das von der Prinzeß Caroline wieder zurück erhaltene Landschaftsgemälde senden Sie nur an meine Frau, die es wieder an den alten Platz hängt.

Es ist recht schön, daß Sie zwey von den Casselschen Claudes für die regierende Herzoginn gefunden[228] haben. Regierungsrath Müller besitzt alle vier, und giebt sie wohl her, wenn man ihm die zwey dagegen giebt und die übrigen vergütet. Hierbey kommt freylich alles auf die Abdrücke an. Entamiren Sie wenigstens die Negociation.

Wenn ich mich nicht irre, so hat Bertuch noch die kleine Kaazische Skizze auf blau Papier, von dem Wasserfall. Diese möchte ich nicht gern entbehren. Seyn Sie so gut, mir sie allenfalls im Rahmen herüberzuschicken. Was Kaazen dafür werden kann, will ich gerne zahlen. Die Mondschein-Landschaft steht, wo ich nicht irre, auf meinem Schreibtisch in dem bekannten Portefeuille. Diese könnten Sie zurücknehmen. Allenfalls aber behielte ich sie auch.

Was die hier beyfolgende Pappe bedeuten soll, ist innerhalb derselben umständlich beschrieben. Haben Sie die Güte diesen kleinen Auftrag so viel als möglich zu befördern, und da Sie deshalb die Gefälligkeit haben werden, sich in mein Haus zu bemühen; so füge ich noch einiges hinzu.

Sie kennen die Zeichnung von der Einweihung der Academie zu Charkow. Sie steht in Rahmen und Glas vorn bey meiner Frau, und wäre so an Bertuch zu übergeben, aber mit derselben ein längliches Kästchen, das Sie in meinem Vorzimmer finden werden. Es enthält noch verschiedenes auf diese Zeichnung bezügliches, einen Brief an mich und eine colorirte Skizze. Dieses alles erhielte Herr Bertuch mit der[229] Bitte die Sache zu überlegen und sich allenfalls darüber gegen mich zu erklären.

Sodann wird sich in der obern Schublade meines großen Schreibtisches, rechts, ein Papier oder einige finden, welche die Bemerkungen enthalten, wie man bey der sogenannten Mittelguache zu Werke geht. Haben Sie die Güte solche aufzusuchen und sie mir zu schicken. finden sich aber diese Papiere nicht in gedachter Schublade, so suchen Sie nicht weiter nach.

Ferner werden Sie in dem höhern Schrank in meinem Vorzimmer ein kleines Portefeuille finden, auf welchem steht: radirte Landschaften. Dieses erbitte mir auch.

Nicht weniger finden sich wohl einige kleinere und mittlere leere Portefeuilles im Vorzimmer selbst oder in meinem Wohnzimmer, welche mir auch zu senden bitte. Alles dieses zusammen kann meiner Frau übergeben werden.

Finden Sie Gelegenheit mich Ihro Hoheit zu Gnaden zu empfehlen; so versäumen Sie solche gar nicht. Unserer guten Prinzeß, und wen Sie sonst von Freunden und Freundinnen geneigt finden, sich meiner zu erinnern, sagen Sie das allerschönste. Ich habe noch allerley mitzutheilen; doch wollen wir es dießmal dabey bewenden lassen.

Außer daß ich noch eins nachbringen muß. Senden Sie mir doch auch von dem Kaazischen hellblauen Papier, welches Sie in meinem Portefeuille wohlverwahrt [230] finden werden. Sie müssen aber die Güte haben, solches um einen Stab zu rollen. Es könnte mir doch auf meinem Skizzenwege die Lust ankommen, mich auch in die Farbengebung hinüber zu skizziren.


[231]

[141] [Beilage.]

Beykommende landschaftliche Skizzen haben folgendes zu bedeuten.

[141] Freund Knebel besitzt die vier landschaftlichen Radirungen von Hackert, die er mir nach der großmüthigen Art des edlen Glaukus, Gold für Erz austauschend, überlassen will, wenn ich ihm in die leer werdenden Rahmen etwas einzeichne.

Die Pappe bestimmt die Größe der Blätter. Nun wünschte ich, Sie nähmen aus meinem Vorrathe gutes holländisches Papier und ließen mir die drey Skizzen, die ich übersende, mit Bleystift darauf copiren, und zwar so wie ich das Viereck mit Bleystift auf der Pappe gezogen habe. Nur dürften um diesen neuen Umriß keine Linien gezogen werden, damit ich beym Auszeichnen über die Gränze gehen und besonders die Höhe der Zeichnungen etwas vermehren kann, indem ich den Vordergrund etwas ansetze, der es durchaus verlangt.

Temlern, oder wer es macht, will ich gern für seine Zeit entschädigen. Haben Sie nur die Güte mir deshalb ein Wort zu sagen.

Freylich wünschte ich, daß es bald geschähe.

Ich wiederhole nochmals, daß es weiter nichts als leichtere Bleystift-Umrisse bedarf, die mir nur erleichtern, die rechte Stelle zu finden, die mich aber nicht geniren, mit den einzelnen Theilen hin und wieder zu rucken, nach der Eingebung des Geistes oder des Augenblicks.

[142]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An Johann Heinrich Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8DF4-6