27/7576.

An Carl Friedrich Zelter

Weimar d. 10. December 1816.

Das Liedchen ist angekommen; wir danken zum schönsten für das trefflich Gerathene. Wenn die Melodie nach dem Inhalt, wie du angezeigt, variirt wird, so muß es den schönsten Eindruck machen. Hier sende dagegen das Schema zur großen Cantate weiter entwickelt, laß es auch in dir ferner aufblühen. Eine Abschrift hab ich zurückbehalten.

Beyliegt auch ein freundlicher Brief an Gubitz mit einer vorläufigen Gabe zu seinen Zwecken. Ich wünsche daß du ihm das Günstige selbst überreichest und füge nichts hinzu als ein herzliches Lebewohl!

G.

Da die Rübchen, wie so vieles andere dieses Jahr mißrathen, so habe die Gefälligkeit mir einigen Zander zu schicken. Auch thu mir die Liebe, mir vor Neujahr von denen artigen Neujahrswünschen zu schicken, die sie beweglich, durchscheinend und auf sonstige Weise in Berlin gar artig fabriciren. Wir halten jetzt einen Geschäftsträger in Berlin, welchem ich den Auftrag ertheilen werde deine Auslagen zu ersetzen; auch hast du noch deine Wiesbader Auslage zum Theil bey mir gut. Das 2. Rhein- und Mayn-Heft ist im Druck, unser Rochus-Fest noch reiner durchgearbeitet.

[259] Herr Gubitz nannte deinen Namen in seinem Briefe, und in nomine tuo ward er auch erhört. Eben so denk ich an dich, wenn mancherley Haus- und Landkreuz mich drückt und bedrängt. Im Ganzen geht es jedoch gut und günstig. August hält sich sehr brav. Sage mir doch auch ein Wort von deiner neuen Haus-Einrichtung.

Ich erinnere mich kaum, ob ich dir wegen der Tilly gedankt und eine Frage gethan habe. Sie ist nicht ohne Stimme schreibst du, heißt das, daß sie etwas singen kann, daß sie allenfalls zur Choristin nöthig wäre?

Wir haben freylich jetzo ein allerliebstes Mädchen von Königsberg erhalten, der man nicht sogleich eine Rivalin gegenüberstellen darf.

Lebe recht wohl, gedenke meiner im Guten.

G.

[Beilage.]

Erster Theil.

Symphonie.
Zum Schluß Donner auf Sinai.
Zudringendes Halbchor. (Volk).
Es will in der Nähe sehen was da vorgeht.
Abhaltendes Halbchor. (Leviten).
Das Volk wird von Sinai zurückgedrängt und betet an.
Sprecher (Aaron).
Leitet das Ereigniß ein, erwähnt des Abfalls zum goldnen Kalbe.
[260] Das Volk demüthigt sich und empfängt das Gesetz.
Sprecher (Josua).
Zug durch die Wüste.
Eroberung des Landes.
Kriegerische Hirtenchöre im Sinne derer meiner Pandora.
Sprecher (Samuel).
Den schwankenden Zustand zwischen Priesterthum und Königthum aussprechend.
Beharren des Königs und des Volkes bey dem Begriff des einzigen Nationalgottes.
Salomons Regierungsantritt.
Frauenchöre.
Sulamit die Geliebteste in der Ferne.
Priesterchöre.
Einweihung des Tempels.
Chöre aller Art.
Sprecher (Elias).
Die Abweichung gegen Baal vorbereitend.
Dienst auf Höhen und im Freyen.
Chöre des Volks das zur Heiterkeit früheren freyern Himmelslebens zurückkehrt.
Muntere Festlichkeit, minder religiös.
Chöre der Priester Baals, pfaffenartig mit Härte und Rohheit imponirend.
Sprecher (Jonas).
Drohungen. Große Feindesmassen in der Ferne weissagend.
[261] Heranbringen des Feindes.
Beängstigung.
Untergang, des Reichs, gewaltsam.
Gefangenschaft.
Lieblich lamentabel.
Sprecher (Jesaias).
Rettung und künftiges Glück verkündend.
Chöre es dankbar aufnehmend, aber im irdischen Sinne.
Propheten und Sibyllenchöre, auf das Geistige und Ewige hindeutend.
Schließt glorios.

Zweyter Theil.

Symphonie.
Sonnen-Aufgang.
Das Lieblichste der Morgenluft.
Ländlich nicht hirtlich.
Weite Einsamkeit.
Sprecher (Johannes).
Die Verheißung aufnehmend.
Den Geburtsstern erblickend als Morgenstern.
Die Annäherung der Könige vorbereitend.

Zug der drey Könige.

Es ist kein Widerspruch, wenn hier Janitscharen Musik gebraucht wird: denn diese ist uns ja über den Oxus hergekommen. Besonders würde sie erfreulich seyn bey Ankunft des dritten [262] Königs, der immer als etwas wild vorgestellt wird. (Diese Scene müßte der Abwechselung wegen entschieden dramatisch seyn.)

Abzug der Könige in die Ferne.
Sprecher (Christus).
Tritt auf lehrend.
Chor aufmerksam aber schwankend.
Gesteigerte Lehre.
Andrang und Beyfall des Volks, immer im irdischen Sinne.
Christus steigert seine Lehre in's Geistige.
Das Volk mißversteht ihn immer mehr.
Einzug in Jerusalem.
Sprecher (drey Apostel).
Furcht vor Gefahr.
Christus: tröstend, stärkend, ermahnend.
Einsames Seelenleiden.
Höchste Qual.
Sprecher Evangelist.
Kurze Erwähnung des physischen Leidens.
Tod. Auferstehung.
Chor der Engel.
Chor der erschreckten Wächter.
Chor der Frauen.
Chor der Jünger.

Das Irdische fällt alles ab, das Geistige steigert sich bis zur Himmelfahrt und zur Unsterblichkeit.


[263] Der Componist wird die Beziehungen aller Theile unter einander auf's genauste erwägen, und sich von dem Donner auf Sinai immer Steigerungen vorbehalten, welche durch Abwechselung zu erreichen sind.

Ich habe nach Anleitung des Händelischen Alexander-Festes statt des dortigen einen Timotheus mehrere Sprecher aufgeführt, welche theils blos recitirend, theils in Gesang übergehend, theils mit dem Chor wetteifernd gedacht werden können, wie man sich's im Gange der Beschäftigung überlegen wird.

Die Sprechenden sind meist Männer; es lassen sich aber auch, wenn es nöthig wäre, Frauen substituiren. Vor allen Dingen wünscht' ich zu erfahren, wie etwa die Hauptstimmen zu vertheilen sind und an welchen Stellen man eigentliche Arien einschaltete, zu welchen man biblische und andere fromme Sprüche alsdann umbildete, damit sie noch kenntlich wären und zugleich rhythmisch bequemer.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An Carl Friedrich Zelter Erster Theil. Zweyter Theil.. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8E16-3