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An Carl Franz Anton von Schreibers

[Concept.]

[29. Januar 1826.]

Ew. Hochwohlgeboren

geneigtes Schreiben war mir höchst angenehm, da es mich an die Zeiten eines lebhafteren Verkehrs so willkommen erinnerte. Den schönen naturwissenschaftlichen Studien, welche Ew. Hochwohlgeboren, wenn gleich mit mancher sorgenvollen Bemühung, so glücklich fördern, bin ich zwar nicht ganz fremd geworden, welches freylich unmöglich wäre; aber ich habe doch meine Thätigkeit nach andern Seiten hinwenden müssen, um nur einigermaßen dasjenige zu leisten, was Zeit und Umstände von mir fordern.

Nehmen Sie daher den besten Dank, daß Sie mir diese angenehmen Fächer wieder zur Erinnerung bringen, wie ich denn auch von seiten meines gnädigsten Herrn die besten Grüße zu vermelden und zugleich den Wunsch zu eröffnen habe, es möchte Ihnen gefällig seyn, für die noch in Händen habende Summe etwas, das unser osteologisches Kabinett bereichern könnte, gefällig anzuschaffen und anher zu senden.

Hiebey wäre dießmal nicht von ganzen Skeletten die Rede, sondern es wurden auch Schädel und allenfalls einzelne Theile seltener und merkwürdiger Thiere sehr angenehm seyn, wobey die in Händen habende [269] Summe auch wohl um ein Mäßiges überstiegen werden könnte.

Da sich ein gewünschter Kopf des Nilpferdes kaum finden möchte, so wäre ein vollständiger Schädel des Wallrosses schon angenehm, von welchem bisher der vordere abgesonderte Theil nur bey uns aufgestellt war. Der Schädel eines Rhinoceros, Löwen oder Eisbären würde gleichfalls unsere Sammlung wünschenswerth vermehren, wie denn noch gar manches dergleichen aufzuzählen wäre.

Vielleicht lassen aber zu völliger Sicherheit beider Theile Ew. Hochwohlgeboren von den Bearbeitern dieses Fachs ein kurzes Verzeichniß, mit bemerkten Preisen aufsetzen, da dann Entschließung und Zahlung in kurzem erfolgen könnte.

Der doppelten Jubelfeyer unsrer gnädigsten Herrschaften, einer funfzigjährigen Regierung und eben so lange dauernden höchsten Ehestandes haben Ew. Hochwohlgeboren gewiß den aufrichtigsten Antheil gewidmet. Daß seit meiner Anwesenheit in Weimar gleichfalls ein halbes Jahrhundert verflossen, veranlaßt mich zu den frömmsten Betrachtungen, sowie die jenem Tage meiner Ankunft gegönnte unerwartete Feyer mich zu der demüthigsten Anerkennung auffordert.

Indem man bey einer solchen Epoche, bey allem was in ihr uns Gutes zufließt, an das Vergangene zurückdenkt und die großen Prüfungen überschaut, wodurch eine redliche Thätigkeit gar oft gehemmt [270] worden; so fühlt man die Forderungen, die ein bedeutendes Leben an uns machte, so streng und gewissermaßen drückend, daß alle selbstischen Gefühle dadurch ertödtet werden und dasjenige als eine Last auf uns liegt, was uns früher vielleicht zu Eitelkeit und Übermuth verführt haben möchte.

Lassen Ew. Hochwohlgeboren mich von diesen Betrachtungen zu Ihrem eignen Zustande übergehen, von welchem Sie mir vertraulich melden. Freylich ist das Übermaaß der Schätze, die sich bey Ihnen aufhäufen, so groß, daß die Einbildungskraft des Entfernten sich's nicht vergegenwärtigen kann, und Sie bemerken ganz richtig, daß, wenn einmal dergleichen Bereicherungen naturwissenschaftlicher Umsicht mit Mühe, Gefahr und Kosten an Ort und Stelle gelangt sind, doch nachher, um sie zur öffentlichen Kenntniß, um allgemeinen Nutzen zu bringen, eine neue Expedition gleichsam nöthig sey, um das Publicum, besonders das deutsche, zu hinreichendem Antheil zu bewegen.

Herrn Dr. Pohl bitte mich zum allerbesten zu empfehlen; ich habe des würdigen Mannes seit ich seine Bekanntschaft in Eger gemacht, sehr oft wiederge denken müssen. Ich wünsche uns allen Glück, wenn das Mögliche von seinen Eroberungen mitgetheilt würde. Vielleicht hat er die Gefälligkeit, das Nähere über eine Pflanze mitzutheilen, von welcher Herr zu Eschwege in seinem Journal von [271] Brasilien, Heft 1, S. 228 spricht, auch sie auf der dritten Tafel abgebildet vorlegt. Sie führt den amen Raiz preta, ihr werden emetische Kräfte in hohem Grade zugeschrieben. Die Botaniker aber, mit denen ich darüber conferirt, können nicht einig werden, zu welchem Geschlecht sie zu rechnen sey.

Die übersendeten organischen Wetterbeobachtungen waren sehr angenehm. Vielleicht haben Ew. Hochwohlgeboren die Gefälligkeit, bey dem Wechsel der Jahreszeiten dergleichen auch künftig mitzutheilen. Die meteorologischen Beobachtungen der jenaischen Sternwarte vom Jahre 1824 sind nun auch heraus gegeben; ich sende sie mit der fahrenden Post.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1826. An Carl Franz Anton von Schreibers. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8ECD-7