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An Carl Friedrich Zelter

Daß meine Festgedichte dir wohlbehagen, ist in der Regel; denn ich habe die Zeit in Berka, wo ich sie schrieb, indem ich den Marperger las und Schütz spielen hörte, unablässig an dich gedacht, und uns ein näheres Zusammenseyn gewünscht. Mehr, als ich irgend sagen kann, hast du schon aus diesem Heftlein genommen. Die Mannigfaltigkeit und Freiheit der Sylbenmaße ist mir unvorsätzlich unter dem Arbeiten, bei Beschauung der vielfachen Gegenstände geworden. Neuere [160] Künstlichkeit habe ich kaum berührt; die achtzeiligen Strophen waren mein letztes Ziel, und recht merkwürdig ist es, daß kein Sonett in diesen Cykluß passen wollte; auch dein Gefühl wird schwerlich einen Punct angeben, wo es stehen könnte.

Für die freundliche Aufnahme der Kinder danke dir herzlich. Ich werde durch sie genießen, was ihr mir längst günstig bereitete. Mir will nun nicht mehr wohl werden als in meinem Haufe, das besonders den Sommer alle Vortheile genießt, und wo mir so vieljährig zusammengetragene Besitzthümer zu Gebote stehen, die mit Freude und Nutzen bringen, ob sie gleich vor den Nagelischen Kunstschätzen verschwinden möchten.

Habe Geduld mit den Kindern, und lasse sie, nach ihrer Weise, aus dem großen Born ihr Theil schöpfen und genießen. In August Briefen finde ich weder Wolf noch Hirt genannt; sorge, daß diese Freunde nicht übergegangen werden.

Die Jenaische Druckerei verspätet meinen Divan unverantwortlich; indessen hoffe ich soll er euch auch noch immer zur rechten Zeit kommen. Damit nun aber diese Sendung nicht ganz leer und leicht ausfalle, so folgen ein paar Bogen Aufklärungen zum Divan. Ich wünsche, daß sie dir die folgenden wünschenswerth machen.

treulichst

Weimar den 29. Mai 1819.

G. [161]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1819. An Carl Friedrich Zelter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8F65-9