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An Carl Ludwig von Knebel

[3. oder 4. Mai.]

Herzlichen Dank, mein lieber Freund, für deinen Gruß und für die gute Neigung, die du fortdauernd zu mir hegen magst. Ich will fleißig seyn um euch von Zeit zu Zeit einige geistige Freude zu machen, da es mit den leiblichen jetzt nicht weit her ist. Du erhälst hierbey den Prometheus, theile ihn den Freunden mit, doch sorge, daß ich ihn gewiß heut über acht Tage wiederkriege: denn ich möchte ihn doch mit nach Carlsbad nehmen. Da du dich so sehr unsrer liebenden Jugend freust so lege ich eine Zuschrift, und ein Stück bey, wie sie vor einigen Tagen an mich gekommen sind. Sie werden dir Spaß machen.

Den Betrag für das Horn lasse ich dir noch vor meiner Abreise aus dem Rentamt zahlen.

Durch die Tagesblätter cursiren schon Stellen von[58] Faust. Hier hast du einen Bogen, den du behalten kannst. Ich freue mich, daß dieses Stückwerk bald nicht mehr so ganz zerstückt vor die erscheinen wird.

Ich will sorgen, daß du das dritte Stück Prometheus auch nach meiner Abreise erhälst. Sende es nur gleich an Vulpius den Übersender zurück. Auch in diesem nimm die näher schreitende Pandora freundlich auf. Es ist ein herzliches Kind, das ich gut auszustatten gedenke.

Mit den Dresdner habe ich gleich gebrochen. Denn ob ich gleich Adam Müller sehr schätze und von Kleist kein gemeines Talent ist, so merke ich doch nur allzu geschwind, daß ihr Phöbus in eine Art von Phébus übergehen würde; und es ist ein probates Sprichwort, das man nur nicht oft genug vor Augen hat: der erste Undank ist besser als der letzte.

Von Runge habe ich eine sehr interessante Sendung Zeichnungen erhalten, aus denen man dieses vorzügliche Talent immer mehr schätzen lernt, das aber leider auch nicht zur Ausbildung kommen und in diesem doppelt und dreyfachen Zeitenwust zu Grunde gehen wird. Lebe recht wohl. Wir wollen suchen noch einige Zeit superstites zu bleiben. Grüße die Deinigen von mir und meinem Hause zum schönsten.

G. [59]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1808. An Carl Ludwig von Knebel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8FA5-8