[266] 20/5662.

An Carl Friedrich Zelter

Sie erhalten hierbey, theurer Freund, die verlangte Handschrift. Es sind ein paar meiner Lieder, die ich auf Ihr Anregen gesucht und gefunden habe. Übrigens besitze ich selbst ein sehr schöne Sammlung von [266] Autographis, und manches, besonders von deutschen Schriftstellern, doppelt. Lassen Sie sich von Ihrem Freunde sagen, was ihm abgeht, vielleicht kann ich ihm in einigem nachhelfen. Für die Nachricht Ihrer politischen und bürgerlichen Lage danke ich Ihnen zum besten; ich habe es mir ohngefähr so gedacht, aber das besondre durch Sie selbst erfahren zu haben ist mir viel werth.

Mit der fahrenden Post erhalten Sie ein Velin-Exemplar meiner Werke, das sich endlich bey mir zusammengefunden hat. Meine Absicht war es noch recht hübsch binden zu lassen. Das giebt aber wieder neuen Aufenthalt und die hiesigen Buchbinder haben mich grade in solchen Fällen mehr wie einmal zur Verzweiflung gebracht.

Nun habe ich noch eine Bitte. Möchten Sie sich doch erkundigen wer in Berlin die Kotzebueschen Stücke, die noch nicht gedruckt sind, gegen bestimmte Honorar, an die Theater-Directionen abgiebt. Es wäre gegenwärtig von dem Intermezzo oder dem Landjunker zum erstenmal in der Residenz und von der jähzornigen Frau die Rede, ersteres in fünf Acten, letzteres in Einem. Haben Sie die Gefälligkeit zu hören was man dafür verlangt und sagen mir es bald, denn ich wünsche es bald zu haben. Ulrich von Hutten, sonst der Freymüthige genannt, wird wahrscheinlich darüber die beste Auskunft geben können.

Heute sage ich nicht mehr, damit nur das alles [267] auf die reitende und fahrende Post komme. Leben Sie recht wohl; lieben Sie mich. Ich gönne den Preußen und besonders den Berlinern den zurückkehrenden Anschein des Friedens, nur fürchte ich sie werden sich dessen so unmäßig erfreuen, daß neue Händel daraus entstehen. Sagen Sie mir ja, wie man sich gegen Sie beträgt. Ich hege gar mancherley vor meiner Einbildungskraft und in meinen Gedanken und mag gar zu gern das was geschieht zusammenhalten mit dem was ich mir vorstelle. Das herzlichste Lebewohl.

Weimar den 15. December 1808.

G.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1808. An Carl Friedrich Zelter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-91C3-A