11/3421.

An Friedrich Schiller

Die Schachtel der Zwiebacke kommt hier mit vielem Danke zurück. Ich habe statt dieser Speise ein paar Stück des philosophischen Journals hineingelegt, die ich doppelt habe und die ich Niethammern wieder zu geben bitte.

[242] Den Hirtischen Aufsatz finde ich nicht, er wird wohl nachkommen.

An das letzte Stück der Horen dieses Jahres wie an die ersten des folgenden habe ich auch schon gedacht, es ist mir aber leider noch kein Rath erscheinen. Was ich von alten Sachen habe, hat keine rechte Gestalt und ist eigentlich verlegene Waare. Was Tagebuch meiner Reise von Weimar bis Rom, meine Briefe von dort her, und was sonst allenfalls davon unter meinen Papieren liegt, könnte nur durch mich redigirt werden, und dann hat alles, was ich in dieser Epoche aufgeschrieben, mehr den Charakter eines Menschen der einem Druck entgeht, als der in Freyheit lebt, eines Strebenden, der erst nach und nach gewahr wird, daß er den Gegenständen, die er sich zuzueignen denkt, nicht gewachsen ist, und der am Ende seiner Laufbahn erst fühlt, daß er erst jetzt fähig wäre von vorn anzufangen. Zu einer absichtlichen Composition umgearbeitet würden solche Actenstücke wohl einigen Werth erlangen, aber so in ihrer lieben Natur sind sie gar zu naiv.

Mit dem Weimarischen Publiko bin ich im Ganzen wegen des Almanachs ziemlich zufrieden, doch ist der Gang immer eben derselbe, die Xenien verkaufen die Tabulas votivas und was sonst gutes und ernsthaftes in dem Büchlein stehen mag. Daß man nicht überall mit uns zufrieden seyn sollte, war ja die Absicht, und daß man in Gotha ungehalten ist, ist recht gut. Man[243] hat dort mit der größten Gemüthsruhe zugestehen, wenn man mir und meinen Freunden höchst unartig begegnete, und da das litterarische Faustrecht noch nicht abgeschafft ist, so bedienen wir uns der reinen Befugniß uns selbst Recht zu verschaffen, und den nekrologischen Schnabel zu verrufen, der unserm armen Moritz, gleich nach dem Tode, die Augen aushackte. Ich erwarte nur daß mir jemand was merken läßt da ich mich denn so lustig und artig als möglich expectoriren werde.

Ich wünsche sehr zu hören daß der Wallenstein Sie ergriffe, es würde Ihnen und dem deutschen Theater recht wohl bekommen.

Ich habe diese Tage angefangen die Eingeweide der Thiere näher zu betrachten und wenn ich hübsch fleißig fortfahre, so hoff ich diesen Winter diesen Theil der organischen Natur recht gut durchzuarbeiten. Leben Sie recht wohl. Ich wünsche gar sehr Sie bald wieder zu sehen.

Weimar den 26. Octobr. 1796.

G.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Rechtsinhaber*in
TextGrid

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1796. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9352-7