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An Friedrich Theodor von Müller
Ew. Hochwohlgeboren
gefällige Sendung erschien freylich höchst contrastirenden Inhalts. An einer Seite fand ich das umständliche, höchst motivirte Urtheil wodurch einem Tagesblättler eine harte, ihn auf eine Zeitlang von der Welt ausschließende Strafe zuerkannt wird, auf der andern ersahe ich aus wenigen dichterischen Zeilen daß eine griechische Gottheit, ungestraft, in wenigen Augenblicken mehr Unheil stiften kann als die sämmtlichen ägyptischen Götter in einem ganzen Jahr. Ich danke meiner Abgeschiedenheit daß ich verschont geblieben, ermangle aber nicht sowohl dem Sonnengotte als dem freundlichen Glück aus der Ferne für die mir schriftlich gegönnten Geschenke den allerschönsten Dank zu sagen.
Die empfohlne Clientin, Wittwe Jacobi geborene Bieglein, hat unter dem 26. Januar ein Schreiben bey Serenissimo einreichen lassen. Kommt dasselbe zur Berichtserstattung, oder durch Subnotation [40] in Ihre Hände so haben Sie die Gefälligkeit nach eigener Überzeugung günstig zu wirken.
Nochmaligen Dank für die schriftliche Copie der wohl ausgesonnen richterlichen Arbeit, worüber ich, wie über manches andere Dieselben bald zu sprechen wünsche. Für dießmal, sowohl zu Hause als in der Nachbarschaft, mein Andenken geneigt zu erhalten bittend.
gehorsamst
Goethe.