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An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz.

gefällige Theilnahme erbitte mir in dem Falle, welchen vorzutragen ich veranlaßt bin. Es war vorauszusehen, [76] daß die Veterinair-Anstalt, eine der wichtigsten, allgemein eingreifenden, wegen ihrer Verwandtschaft mit dem verworfensten Geschäft einige Prüfungen werde erleiden müssen, und so hat sich's auch gefunden.

Bald nach meiner Ankunft konnte man das Hin-und Wider-Reden im Publicum bemerken, das sich aus der niedrigen Classe in die mittlere zog, ich erwartete früher oder später ein Ereigniß wovon man Anlaß nehmen könnte in der Sache zu wirken. Nun fängt das gemeine- besonders Weibs-Volk schon an auf die untern Angestellten zu hetzen, die Tochter der Aufwärterin, den Sohn des Schmieds mit pöbelhaften Ausfällen zu verfolgen, ja der Prosector selbst (der freilich im Lande umherreitet, um die sonst verabscheuten Cadaver zusammen zu bringen) findet sich schon indirecten Beleidigungen ausgesetzt. Ich habe der Sache im Stillen zugesehen, weil dieses Vorurtheil der Menge von Alters her und nicht mit Unrecht auf solchen Geschäften ruht, ja in früheren Zeiten zum Vortheil der bürgerlichen Gesellschaft begünstigt wurde. Jetzt aber, da wir das Nützliche über Alles zu schätzen Ursache haben, weil das Schädliche, Gefährliche von allen Seiten auf uns eindringt, müssen wir solche Anstalten, eben wegen ihrer anrüchigen Verwandtschaft, desto kräftiger schützen.

Selbst unsre Casse wird durch solchen bösen Leumund verletzt und schon bisher müssen wir die Aufwärterin theurer lohnen als billig, nur um sie zu [77] erhalten, und weil sich schwerlich eine andere zu solchem widerwärtigen und zugleich dem Schimpf ausgesetzten Dienste finden möchte.

Die bey mir eingegangenen Beschwerden sind zwar auffallend genug, aber weil die Händel zwischen Weibern und Kindern vorgefallen, nicht von der Art, daß man darauf Untersuchung gründen und ernste Bestrafung veranlassen könnte. Mein Vorschlag geht also dahin, daß die hiesige Polizei veranlaßt würde, im Wochenblatt eine Verwarnung zu publiciren, wozu, beliebter Kürze wegen, einen Entwurf beylege. Ew. Excellenz um gefällige Theilnahme und geneigte Beschleunigung gehorsamst ersuchend.

gehorsamst

Jena den 29. April 1817.

Goethe.


Bekanntmachung.

Ihro Königliche Hoheit der Großherzog haben, unter andern vielen Wohlthaten, welche Sie Ihro Landen, besonders auch der Stadt Jena zugewendet, eine Heilschule für Pferde und andere Hausthiere errichtet. Wenn nun jeder vernünftige Staatsbürger die Wichtigkeit und Nothwendigkeit einer solchen Anstalt mit Dank zu schätzen weiß; so giebt es doch noch kurzsichtige Menschen genug, welche wegen eines äußern Scheins den wichtigen und heilsamen Zweck verkennen. Tritt nun Rohheit eines ungebildeten Betragens und leidenschaftliche Gemüthsart hinzu, so ist voraus zu [78] sehen ja schon durch die Erfahrung erwiesen, daß allerley widerwärtiges Beginnen sich ereignen werde. Man sieht sich also veranlaßt, einen jeden Hausvater aufzufordern, daß er Kinder und Gesinde über die Wichtigkeit jeder Anstalt aufkläre, sodann auch kräftig verwarne, alles was derselben entgegen wirken könnte, sorgfältig zu vermeiden. Wie man denn hiermit erklärt, daß jede unziemliche Nachrede, Schimpf oder wohl gar Bedrohung, welche der geringsten bey dieser Schule angestellten Person, oder irgend jemanden, der damit in Verbindung steht, widerführe, auf geschehene Anzeige, sogleich untersucht und gebührend bestraft werden solle.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1817. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-951B-6