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An Luise Seidler

Ihr Brief, meine liebe Freundin, hat mich vielfach gefreut: er kommt bald, ist ausführlich, giebt mir von Ihrer glücklichen Künstlerlage und von dem Wohlbefinden so mancher theuern Freunde angenehme Kunde. Was soll ich für Sie weiter wünschen! Daß Sie in eine herrliche Kunstwelt gelangen, daß Sie solche nach Kräften benutzen, daß Sie überall wohl aufgenommen seyn würden, war vorauszusehen; und nun höre ich die Bestätigung zu besonderem großem Vergnügen.

Seit einigen Tagen bin ich wieder in Weimar, nachdem ich Jena in seinem schönsten Nebelglanze verlassen. Alles ist in dem Zustande den Sie kennen. Drackendorf hat soeben eine neue Bewohnerin mit christlicher Weihe bewillkommt.

Vorstehendes ist leider eine ganze Weile liegen geblieben, und als ich in diesen Tagen wieder in Jena, im alten Quartier, Herberge nahm und die liebe Nachbarin hinter ihren Vorhängen nicht gewahrte, [253] erinnerte ich mich meiner Schuld, und sogleich nach meiner Rückkunft eile ich, dieses Blättchen abzusenden. Frommanns werden in diesen Tagen erwartet; wie sich andere Freunde befinden, haben Sie gewiß directe Nachricht. Lassen Sie mir die Ihrige nicht fehlen; denn ich möchte gar zu gern dem Gang Ihrer ferneren Kunstbildung folgen; auch von den werthen Freunden wünsche Einiges zu erfahren. Von mir weiß ich nichts zu sagen, als daß ich nach meiner Weise fleißig bin und Ihrer mit herzlichem Antheil gedenke.

In fidem

Weimar, den 18. September 1817.

Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1817. An Luise Seidler. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-957C-C