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An Carl Ernst Schubarth

Sie sind, mein Werthester, beschäftigt, sich in dem weiten Kreise, der dem menschlichen Geist eröffnet ist, [267] neben aller Philosophie zu ergeben und die hie oder dort, wo es Ihnen gefallen möchte, sich anzusiedeln. Da ich auch kein anderes Bestreben kenne als mich selbst, nach meiner Weise, soviel als möglich auszubilden, damit ich an dem Unendlichen, in das wir gesetzt sind, immer reiner und froher Antheil nehmen möge, so kann ich nicht anders als den Weg billigen, den Sie auf gleiche Weise eingeschlagen haben.

Dabey muß ich jedoch bekennen, daß die polemischen Richtungen bey mir immer schwächer werden und sich nach der inneren Einheit zusammenziehen; denn die Gegenstellungen sind überall dergestalt unvermeidlich, daß, wenn man den Menschen selbst ganz genau in zwey Hälften spaltete, die rechte Seite sogleich mit der linken in einen unversöhnlichen Streit gerathen würde. In eben dem Sinne tadle ich jedoch die Jugend nicht, wenn sie den Gegensatz, den sie in sich gegen anders Denkende empfindet, polemisch ausspricht, sich von dem Widerwärtigen trennt und sich in der Theilnahme Gleichgesinnter höchlich erfreut.

Hiebey das früher Übersendete, worüber ich kein Urtheil habe, indem sich meine Gedanken in diesen Regionen nicht mehr umsehen. Gelinge Ihnen alles, was Sie zu eignem und anderer Nutzen und Frommen treu-gesinnt unternehmen.

ergebenst

Weimar den 10. May 1829.

J. W. v. Goethe. [268]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1829. An Carl Ernst Schubarth. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9591-7