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An Johann Heinrich Meyer

Seyn Sie mir bestens auf vaterländischem Grund und Boden gegrüßt. Ihr Brief vom 26. Juni, den ich heute erhalte, hat mir eine große Last vom Herzen gewälzt. Zwar konnte ich hoffen daß Sie auf meinen[184] Brief vom 8. Mai gleich zurückkehren würden, allein bey meiner Liebe zu Ihnen, bey meiner Sorge für Ihre Gesundheit, bey dem Gefühl des Werthes, den ich auf unser einziges Verhältniß lege, war mir die Lage der Sache äußerst schmerzlich und mein durch die Lähmung unseres Plans ohnehin schon sehr gekränktes Gemüth ward nun durch die Nachricht von Ihrem Zustande noch mehr angegriffen. Ich machte mir Vorwürfe daß ich, trotz der Umstände, nicht früher gegangen sey Sie aufzusuchen, ich stellte mir Ihr einsames Verhältniß und Ihre Empfindungen recht lebhaft vor und arbeitete ohne Trieb und Behaglichkeit, blos um mich zu zerstreuen. Nun geht eine neue Epoche an, in welcher alles eine bessere Gestalt gewinnen wird, aus unserm eigentlichen Unternehmen mag nun werden was will. Sorgen Sie einzig für Ihre Gesundheit und ordnen Sie das Gesammelte nach Lust und Belieben. Alles was Sie thun ist gut, denn alles hat einen Bezug auf ein Ganzes.

Ihr Brief hat mich noch in Weimar getroffen, wohin mir meine Mutter ihn schickte. Unser Herzog ist schon einige Monate abwesend, er will mich vor meiner Abreise noch über manches sprechen und ich erwarte ihn. Indessen habe ich alles geordnet und bin so los und ledig als ich jemals war. Ich gehe sodann nach Frankfurt mit den Meinigen um sie meiner Mutter vorzustellen, und nach einem kurzen Aufenthalte sende ich jene zurück und komme Sie [185] am schönen See zu finden. Welch eine angenehme Empfindung ist es mir Sie bis auf jenen glücklichen Augenblick wohl aufgehoben und in einem verbesserten Zustande zu wissen.

Schreiben Sie mir nach dem Empfang dieses nur nach Frankfurt. Von mir erhalten Sie nun alle 8 Tage Nachricht. Zum Willkomm auf deutschem Grund und Boden sende ich Ihnen etwas über die Hälfte meines neuen Gedichtes. Möge Ihnen die Aura die Ihnen daraus entgegenwehet angenehm und erquicklich seyn. Weiter sage ich nichts. Da wir nun glücklicherweise wieder so viel näher gebracht sind so sind nun unsere ersten Schritte bestimmt, und sind wir nur einmal erst wieder zusammen so wollen wir fest aneinander halten und unsere Wege weiter zusammen fortführen. Leben Sie tausendmal wohl.

Weimar den 7. Juli 1797.

G.


Unsre Hausfreundinn grüßt Sie aufs schönste.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1797. An Johann Heinrich Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9622-C